Ankunft auf Immenhof

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Ankunft auf Immenhof

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Ankunft auf Immenhof

Eine Immenhof-Geschichte von Fans für Fans

Diese Geschichte spielt im Jahre 1951. Ein Mann kehrt aus der Kriegsgefangenschaft zurück und will ein neues Leben beginnen. Wer ist dieser Mann? Und wo wird er sein neues Leben beginnen?

Autor:
Ethelbert©


An einem Dienstagmorgen

„Verschwinden Sie von hier! Leute wie Sie haben hier nichts verloren!“... geiferte die alte Frau mit ihrer schrillen Stimme. „Landstreicher brauchen wir hier nicht. Verschwinden Sie sonst rufe ich die Polizei“.

Der Mann wendete sich ab und schlenderte in Richtung des Torhauses, welches er vor einigen Minuten erst durchquert hatte. Er schaute sich noch einmal im weiten Rund um. Das Gut war recht stattlich, allerdings in keinem guten Zustand. Und daß er ausgeschimpft und weggejagt wurde war für ihn nichts Neues. Das war ihm in den letzten Tagen mehrfach passiert. Und eigentlich hatte er dafür fast Verständnis, denn so wie er aussah...

„Heruntergekommen bist du.... nicht mal anständige Kleider kannst du dir kaufen. Kein Wunder... ach überhaupt....“... der Fremde redete mit sich selbst und ging etwas schwerfällig von dannen. Wenn die Leute nur wüssten woher er kam. Vielleicht würden Sie ihn dann anständig behalten... aber wer würde schon einem hergelaufenen Vagabunden und Landstreicher glauben.

Eine gute Seele

„Pssst... Hallo der Herr....“. Der Fremde drehte sich nach rechts und sah einen alten Mann auf sich zukommen. Der alte Mann trug Arbeitskleidung. Das musste wohl ein Knecht oder Tagelöhner sein, der hier auf diesem Gut arbeitete. „Psstt mijn Herr.... ich bin Hannes“. Der alte Mann reichte dem Fremden die rechte Hand. Zögerlich und ein wenig zurückhaltend reichte der Fremde dem alten Mann, der sich als „Hannes“ vorgestellt hatte, ebenfalls die Hand.

„Kommen Sie us der Kriegsgefangenschaft?“ fragte der alte Mann. „Woher wissen Sie das?“ „Dat siecht man, mijn Herr. Die sehen alle so aus wie sie. Kommen'se us Russland?“ „Ja“ antwortete der Mann. „Also een Speetheimkehrer. Unn se suchen Arbeed? Bei der Oman Jantzen werden se keenen Erfolch haben, mijn Herr. Der iss der Mann letztes Jahr wechgestorben und seit dem traut sie keener Seel mehr. Die iss janz alleen hier uff'm Immenhof, die jute Oma Jantzen“.

Also Immenhof nannte sich dieses stattliche Gut, welches der Mann von der Landstrasse in Richtung Eutin aus erspäht hatte. Es war mindestens das zehnte oder zwölfte Landgut das er in den letzten Tagen in der verzweifelten Hoffnung abgeklappert hatte eine Arbeit zu finden... und sei es als Tageslöhner... und sei es für einen Appel und ein Ei... aber überall wurde er fortgejagt

„Versuchen's bei Bauer Bartling da drüben“ sagte der alte Mann und seine Hand deutete in Richtung Osten. „Hier damet se nich verhungern“. Der alte Mann drückte dem Fremden etwas in die Hand und ging von dannen. Das „etwas“ erwies sich als eine grosse mit Landwurst beschmierte Stulle. „Danke, vielen Dank“ rief der Fremde dem alten Mann nach. Doch der war bereits verschwunden.

Eine unerwartete Begegnung

Der Mann stand auf halbem Weg zwischen dem eindrucksvollen Torhaus und der Landstrasse. Er betrachtete die beiden kleinen Mädchen, die da auf Ponys auf ihn zugeritten kamen. Diese Ponys waren kaum grösser als die beiden Mädels selbst und irgendwie hatte die ganze Szene etwas anrührendes.

Die beiden kleinen Mädchen hielten ihre Ponys an und betrachteten den fremden Mann. Er schätzte die beiden auf 10 oder 12 Jahre ein. Die dunkelhaarige und etwas rundlichere von beiden war wohl die grössere Schwester des jüngeren sehr zierlich und zerbrechlich wirkenden blonden Mädchens

„Bist du am betteln?“ fragte das kleine blonde Mädchen. „Dalli sowas sagt man doch nicht zu den Leuten!“ wies die ältere dunkelhaarige die kleine blonde zurecht. „Aber kuck doch wie der aussieht, Dickie“ meinte die jüngere keck und lachte hell auf. „Dallii!!!“ herrschte die ältere die jüngere Schwester an. „Also wenn....“

Doch weiter kam sie nicht. „Hübsche Ponys habt ihr da. Die sind ja wirklich bezaubernd“ sagte der Mann. „Ja wirklich?“. Die beiden Mädels sprangen fast zeitgleich und wie auf Kommando von ihren Ponys und blickten den Mann lächelnd an. „Das hier ist Bienchen und Dalli's Pony heisst Apfeltörtchen“.

„Ein Apfeltörtchen würde ich auch gerne mal wieder essen“ entgegnete der fremde Mann und lachte ebenfalls. „Die sind ja wirklich süss, eure zwei Ponys“ sprach der Mann noch einmal. „Ja wirklich?“ entgegnete das dunkelhaarige Mädchen noch einmal. „Ich kenn mich mit Pferden und Ponys aus“ sagte der Mann. „Wisst ihr früher....

ENDE KAPITEL 1
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Erinnerungen

... hatten wir auch so ein schönes Gut wie euer Immenhof. Das war in Oberschlesien.“ Die beiden Mädels hörten dem Mann gespannt zu. „Ich heisse übrigens Jochen... ähmmm... Jochen Roth.“ „Und was macht du hier, Onkel?“ fragte das kleine blonde Mädchen. „Du bist also die Dalli“ antwortete der Mann. „Ja eigentlich heiß ich ja Brigitte....“ „Jetzt sei mal ruhig, Dalli. Lass den Mann doch erzählen.“

„Also früher in Oberschlesien besass meine Familie ein grosses Landgut mit angeschlossener Pferdezucht. Wir züchteten sogar Turnierpferde.“ „Oooooh“ meinte Dalli erstaunt. „Richtige Turnierpferde? Ooooooh....“. „Ja meine kleine Dalli, richtige Turnierpferde. Die haben sogar Preise gewonnen. Aber dann....“ ... der Mann schwieg kurze Zeit. „Das war einmal, ihr beiden. Ich habe alles verloren... nicht nur die Pferde sondern auch meine Angehörigen.“

„Sind die alle tot?“ fragte das dunkelhaarige Mädchen und ihre Züge verfinsterten sich. „Ja die sind alle tot“ entgegnete Jochen. „Ich habe keine Menschenseele mehr“. Nun herrschte betretene Stille. Die beiden Mädels blickten den Mann schweigend an und der blickte die beiden ebenso schweigend an.

Dann nahm die ältere Schwester die jüngere beiseite und die beiden tuschelten etwas. „Du Herr Jochen“ meinte die ältere. „Wir haben unsere Eltern auch im Krieg verloren. Wir sind Waisenkinder.“ „Nein, Dickie. Wir sind keine Waisenkinder... wir haben ja noch unsere Oma und Angela“ meinte Dalli. „Und den Doktor Pudlich“.

„Wir sind trotzdem Waisenkinder“ meinte Dick trotzig. „Und der Doktor Pudlich ist nicht mit uns verwandt.“ „Nein sind wir nicht. “ entgegnete die jüngere Schwester. „Wir sind keine Waisenkinder. Wir wohnen ja auch nicht im Waisenhaus. Aber....“

Eine zündende Idee!

... der Onkel hier ist ein Waisenkind.“ „Nein Dalli. Der Herr kann doch kein Waisenkind sein weil er doch überhaupt kein Kind mehr ist. Er ist höchstens ein Waisenmann und kein Waisenkind!“ Jochen Roth, der eigentlich Jochen von Roth hiess, hatte sich das ganze schweigend angehört. Und obwohl doch alles doch so traurig zu sein schien amüsierten ihn die beiden Schwestern, die sich darüber stritten ob sie Waisenkinder waren oder nicht.

Und dass er, der ehemalige Wehrmachtsoffizier, Teilnehmer am Russlandfeldzug und sechs erbärmliche Jahre lang Kriegsgefangener im Ural, nun höchst offizielle zum „Waisenmann“ abgestempelt wurde, war ohne Zweifel schon recht komisch. „Ja ihr zwei. Ich bin ein Waisenmann“ meinte Jochen schmunzelnd und setzte der Debatte damit ein Ende.

Wiederum tuschelten die beiden Schwestern untereinander und blickten wechselseitig sich selbst, den Waisenmann Jochen und den Immenhof an. Das ging so mindestens eine Minute lang. „Du Onkel Jochen? Hast du kein Zuhause?“ meinte nun die ältere Schwester. „Nein meine kleine, hab ich nicht. Ich bin ganz allein. Ich habe überhaupt nichts mehr.“

Wiederum tuschelten die beiden Schwestern. Diesmal war ihre Unterhaltung jedoch erheblich kürzer. „Du Onkel Jochen. Wir sind ja auch Flüchtlingskinder. Weil du ja ein Waisenmann bist und kein Zuhause hast kannst du ja bei uns wohnen. Du kannst dem Hannes bei der Arbeit helfen und im Stall wohnen.“ meinte die ältere Schwester und die jüngere Schweste nickte energisch und babbelte etwas von Turnierpferden, Stallarbeiten, Reitponys und irgendeinem leeren Forsthaus.

„Ja Kinder. Das ist ja sehr nett von euch. Aber eure Oma mag mich überhaupt nicht. Sie hat mich gerade eben vom Immenhof verjagt“ meine Jochen. „Das wird wohl nichts. Ausserdem möchte ich mein eigenes Zuhause haben.“ „Ochhh......“ meinte Dick nun lachend. „Mit der Oma kommen wir schon zurecht. Gell, Dalli?“

Widerstand zwecklos!

Dalli nahm Apfeltörtchen am Zügel und zog Jochen höchst energisch am Ärmel in Richtung Immenhof. Hier war jeder Widerstand zwecklos denn die andere Schwester zog bereits am anderen Ärmel. Unwiderstehlich ging es in Richtung des grossen Gutshauses, welches früher wohl einmal weiss angestrichen war... aber jetzt... alles war grau in grau.

„So du wartest jetzt hier, Onkel Jochen“ meinte Dick und die beiden Mädels stürzten die Treppe hinauf und die Tür hinein. Jochen von Roth schwante nichts gutes und seine Vorahnungen gaben ihm recht. Plötzlich hörte er wieder das Fluchen und Schimpfen jener alten Dame, deren unangenehme Bekanntschaft er erst vor recht kurzer Zeit gemacht hatte.

„Ja was fällt euch denn ein mir einfach Leute anzuschleppen“ fluchte die alte Dame mit dem grauen hochgesteckten Haar. „Aber Oma. Das ist doch ein Waisenmann. „Ach Waisenmann. Schabernack. Ratatatsch. Ein Landstreicher ist das... ein Rumtreiber. Solche Leute kommen mir hier nicht auf den Immenhof.“
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Aus den Augen aus dem Sinn

„Mit diesem Besen möchte ich aber auch nichts zu tun haben“ dachte sich Jochen und schürte wiedermal sein Bündel. Von hier würde er schnellst möglich wieder verschwinden. Irgendwo müsste sich doch ein Plätzchen für einen Spätheimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft finden lassen. Vielleicht sollte er doch nach Kiel gehen und dort versuchen eine Arbeit in der Fischfabrik oder auf der Werft zu finden?

Das hatte ihm sein Freund Peter, den er noch aus seiner Soldatenzeit kannte, in einem langen Brief geschrieben. Peter, der mittlerweilen als Pferdehändler tätig war, hielt sich irgendwo an der holländischen Grenze auf aber dummerweise hatte er Peter's Brief und Adresse verloren. Jochen überlegte nicht mehr lange und schlich sich davon.

Aus den Augen aus dem Sinn.... und am nächsten Morgen stand Jochen einsam und alleine auf dem Bahnhof in Malente. Er wartete auf den Zug, der ihn nach Kiel bringen sollte. Ein Bahnkarte hatte er ja als Spätheimkehrer bekommen. Allerdings war seine Kriegsgefangenen-Entschädigung, die er für die langen qualvollen Jahre in Russland bekommen hatte, fast aufgebraucht.

Der Zug rollte schnaufend und dampfend in den Bahnhof ein und Jochen bereitete sich vor einzusteigen. „Schau dir mal diesen Landstreicher an. Wie der rumläuft! Ins Arbeitslager gehören solche Leute.... früher hätte es sowas nicht gegeben!“ Jochen drehte sich rum und erspähte einen älteren etwas altmodisch gekleideten Herrn mit Zwicker, also einer runden bügellosen Nickelbrille. Der Herr fand sich in Begleitung einer etwas jüngeren fein gekleideten Dame.

Noch vor kurzem wären solche Bemerkungen an Jochen abgeprallt. Er war phlegmatisch geworden und abgestumpft. Und viel zu oft hatte solche Bemerkungen bereits gehört... und die Menschen ändern konnte man auch nicht. Aber irgendetwas musste mit Jochen geschehen sein, denn eine unendliche Wut stieg nun in ihm auf. „Wissen Sie was sie sind .... Sie! Sie! .... sie Himmler-Verschnitt. DrecksKerl! N-a-z-i!“

Die Wende

Der Herr mit der Nickelbrille riss den Mund weit auf und schien zur Salzsäule erstarrt zu sein. Darauf war er nicht vorbereitet. „Und für so ein Gesocks haben wir im Krieg unseren Kopf hingehalten“ brüllte Jochen ihm entgegen. „Was wissen Sie denn schon, sie erbärmliche Person! Sie elendes Stück Mist“.

„Aber, aber...“ schnaufte der Herr mit dem Zwicker, der völlig aus der Fassung zu sein schien und sichtlich nach Luft rang. Er traute sich aber kein Wort mehr zu sagen, denn dieser „Landstreicher“, schien zu allem entschlossen zu sein. Jochen spukte vor ihm aus und machte sich davon... raus aus dem Bahnhof. Den Zug hatte er natürlich versäumt... und offengestanden war ihm das auch ziemlich egal.

„Der Alten werde ich es jetzt aber zeigen!“ murmelte Jochen und machte sich auf zu jenem Landgut namens Immenhof. Dieser wildgewordenen ausgetrockneten alten Oma würde er es schon zeigen. Ein Landstreicher sei er ja schliesslich nicht und beleidigen lassen würde er sich auch nicht mehr. Das wäre doch gelacht!

Irgendetwas musste mit Jochen von Roth an diesem Tag geschehen sein. Eine neue Wendung schien in seinem Leben eingetreten zu sein. Irgendwie schien Jochen nicht mehr der gleiche Mensch zu sein wie noch einige Tage zuvor. Und irgendetwas trieb ihn wie von magischer Hand gesteuert zurück zu jenem Landgut direkt an dem grossen dunkelblau schimmernden See.

Draussen vor der Tür...

Da stand Jochen nun vor der Tür des Immenhofes und pochte energisch... ja geradezu besessen gegen die schwere Holztür. Wenige Augenblicke später öffnete sich die Tür und Jochen erspähte den blonden lockigen Schopf einer jungen Dame. Die schien über Jochen's Verhalten recht erstaunt zu sein. „Kann ich mal die Herrin des Hauses sprechen?“ fragte Jochen energisch und mit Nachdruck.

Die junge Frau war über das forsche ja gerdezu zügellose Auftreten des seltsamen ärmlich gekleideten Herren so erstaunt, dass sie prompt die Tür öffnete und den Herren bat doch einzutreten. Das tat Jochen dann auch... und die junge Frau verschwand sichtlich verwirrt irgendwohin. Sie drehte sich noch zweimal um und schien sogar ein wenig verängstigt über diesen Eindringling zu sein. Da stand Jochen nun in dem riesigen Hausflur und wartete.
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Beitrag von Ethelbert© »

Der Eindringling

Es dauerte nicht lange und die alte Dame erschien auf dem Flur. Sie hatte beide Backen bereits in bester Wellensittich-Manier aufgeplustert und sah aus als würde sie ihrem unfreiwilligen Gast gleich ins Gesicht springen. Im Rücken der alten Frau schlich sich die blonde junge Frau etwas zögerlich heran. Jochen schätzte sie auf ungefähr 20 Jahre und daß sie auffallend hübsch war brauchte man nicht erst zu schätzen... das sah man.

„Also wissen Sie...!!“ begann die alte Dame zu schnauben. „Das ist ja wohl der Gipfel... Sie...“. „Ja das ist der Gipfel“ schnaubte Jochen von Roth zurück. „Wissen Sie wer hier vor Ihnen steht? Jemand der sechs Jahre lang in russischer Kriegsgefangenschaft war. Jemand der für Sie den Kopf im Krieg hinhalten musste. Hier steht kein Rumtreiber und Landstreicher vor Ihnen“.

Und nun war Jochen nicht mehr zu halten. Er liess die beiden Frauen gar nicht mehr zu Wort kommen und erzählte mit lauter Stimme was ihm in den letzten Monaten seit er aus der Kriegsgefangenenschaft zurückgekehrt war so alles passiert war. Irgendwie musste Jochen's forsches Auftreten einen gewissen Eindruck auf die beiden Damen gemacht haben. Auf jeden Fall auf die jüngere von beiden... das konnte man an ihrem Gesichtsausdruck unschwer erkennen.

Schliesslich war Jochen Vortrag beendet. Eigentlich hatte er ja keinen Vortrag gehalten sondern sich den Kummer vom Leib geredet und seinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Für einige Sekunden herrschte betretenes Schweigen... niemand traute sich ein Wort zu sagen. Schliesslich brach die junge Frau das Schweigen: „Sie Ärmster. Was Sie mitgemacht haben muss ja fürchterlich gewesen sein. Was meinst du, Oma?“ Doch die gute Oma wusste anscheinend nicht mehr was sie zu meinen hatte... so verwirrt war sie.

Krieg und Frieden

„Ja das ist schlimm“ murmelte sie schliesslich. „Der Krieg war wirklich schlimm.“ Nun nahm die junge Frau das Heft in die Hand. „Meine Name ist Angela. Ich wohne hier bei meiner Oma zusammen mit meinen beiden kleinen Schwestern. Wollen Sie vielleicht etwas essen? Sie sind herzlich eingeladen. Du bist doch einverstanden, Oma?“

Die Oma schluckte zweimal und nickte nur. Der alten Dame war die Sprache weggeblieben und so etwas schien in ihrem Leben nur äußerst selten vorzukommen. „Mein Name ist übrigens Angela“ sagte die junge Dame und bat den Neuankömmling, der von ihrer Oma wohl eher als Eindringling betrachtet wurde, höflich in die Küche. Jochen folgte ihr wenn auch etwas zögerlich. „Ein Almosen möchte ich von Ihnen nicht haben“ begann Jochen die Konversation zu Tische. „Eine Arbeit finden und etwas leisten... das will ich.“

Die junge Frau, die sich als Angela vorgestellt hatte, hob für einen kurzen Augenblick ihre Augenbrauen an. „Du Oma.... Hilfe könnten wir hier auf Immenhof jetzt dringend gebrauchen. Unsere letzten beiden Tagelöhner haben sich abgesetzt und wir alleine und der arme Hannes können die Arbeit kaum noch leisten“.

Nun schien sich die alte Dame mit dem hochgesteckten grau-weissen Haar langsam von ihrem Schock zu erholen. „Na gut. Arbeit haben wir hier genug. Das stimmt. Ja können Sie denn überhaupt arbeiten, Herr... ähmm... Herr Jochen?“ „Jochen von Roth ist mein Name“ antwortete dieser lächelnd. „Ach ein von und zu ist der Herr?“ meinte die Oma etwas lakonisch. „Da mögen Sie wohl keine harte Arbeit?“

Nun wurde Jochen von Roth ernst und geradezu feierlich. „Sehr geehrte Frau Jantzen. Bei allen Vorbehalten, die sie gegenüber meiner Person haben und die ich durchaus verstehe... aber schuften kann ich bis zum Umfallen.“ Oma Jantzen und Angela blickten sich kurz an...
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Geschafft! Jetzt wird geschafft...

.. und dann ergriff Oma Jantzen das Wort. „Morgen früh um 5 Uhr stehen Sie mit der Mistgabel bereit, junger Mann. Dann werden wir mal sehen ob Sie arbeiten können, junger Herr. Und ordentlich einkleiden werden wir Sie auch... wie Sie aber auch aussehen!“

Jochen schaute kurz an sich selbst herunter und schämte sich fast ein wenig für seine ärmliche und zerschlissene Kleidung. „Ich gebe ihm ein paar von Opa's Sachen“ meinte Angela . „Aber nur bis er sich eigene Kleidung leisten kann“ entgegnete die Oma. „Wir sind hier ja nicht die Heilsarmee. Bei uns wird angepackt. Da müssen alle ran... auch die beiden kleinen.“

Ach ja... die beiden kleinen Schwestern. Die hatte Jochen doch glatt vergessen und doch waren es die beiden kleinen Schwestern, die ihn sozusagen hier hin verschlagen hatten. Hätten ihn die beiden nicht zum Immenhof zurückgeschleppt und hätte er sich nicht so fürchterlich über die Oma geärgert ... wer weiß wie die Dinge sich gewendet hätten.

„Sie können ein wenig auf die beiden aufpassen“ meinte Oma Jantzen nun und zum allerersten Mal zeigte sich der Anflug eines Lächeln in ihrem Gesicht. „Die beiden kleinen Rabauken verwildern mir sonst... nicht wahr, Angela?“ „Aber Oma. Dick und Dalli verwildern doch nicht“ entgegnete Angela während Sie Jochen, den Neuankömmling, aus der Küche führte. „So da drüben im Gesindehaus bekommen Sie die kleine Kammer direkt neben Hannes“ meinte Angela und wies dem Neuankömmling mit der Hand den Weg zum Gesindehaus.

Der Nachfolger und sein Vorgänger

Ein greller, spitzer Schrei unterbrach das kurze Zwiegespräch zwischen Jochen und Angela. „Da ist der Waisenmann wieder, Dickie... komm her. Da ist er wieder.“ Ein kleiner Blondschopf kam auf Jochen und Angela zugehüpft. Der Blondschopf hängte sich gleich an die schon arg verschlissene und zerrissene Jacke von Jochen. „Bist du wieder da, Waisenmann? Hast du mir etwas mitgebracht?“

„Aber Dalli!“ sagte Angela mit gespielter Strenge und zog diese sanft vom „Waisenmann“ Jochen weg. „Und überhaupt... was ist denn ein Waisenmann?“ Im Hintergrund hatte sich bereits die kleine Dick aufgepflanzt, die sich eine Reitdecke über die Schulter gelegt hatte. „Onkel Jochen ist ein Waisenmann weil er keine Eltern und Geschwistern mehr hat, Angela“ klärte Dick nun ihre bedeutend ältere Schwester Angela auf. „Wir sind ja auch Waisenkinder. Und Onkel Jochen ist ein Waisenmann.“

„Arbeitest du jetzt hier bei uns?“ fragte Dalli nun neugierig. „Genauso wie Hein Daddel?“ Wer war denn nun bloss Hein Daddel? „Ja“ antwortete Jochen. „Ich kenn zwar den Hein Daddel nicht aber arbeiten will ich gerne bei euch?“ „Wieso kennst du Hein nicht?“ fragte Dalli nun neugierig. „Ach jetzt lass doch den Herrn von Roth, Dalli. Woher soll der denn wissen wer der Hein Daddel ist.....“ entgegnete Angela.

Sie zog ihre kleine Schwester beiseite und erklärte Jochen wer denn dieser Hein Daddel sei. „Hein war ihr Vorgänger und Sie sind sozusagen sein Nachfolger hier auf dem Gut, Herr von Roth. Er hat für uns ein paar Monate als Tagelöhner gearbeitet nachdem er von einem Schiff abgeheuert hatte. Dick und Dalli haben den richtig gern gehabt. Allerdings hat er manchmal was in Oma's Speisekammer geklaut. Eines Tages hat ihn die Oma deswegen vom Hof geschmissen... aber Hein Daddel war immer ganz lustig. Kein Wunder. Der war ja auch selten nüchtern!“

„Och das passiert Ihnen mit mir nicht“ entgegnete Jochen schmunzelnd. „Ich bin auch lustig wenn ich nüchtern bin.“ „Trinkst du auch gerne Schnaps, Onkel Jochen?“ rief Dalli nun viel zu laut und Angela hob ihre rechte Hand in Drohpose schräg nach oben was soviel bedeuten sollte wie: „Wenn du nicht gleich deinen Schnabel hältst, du kleine Giftspritze... dann hau ich dir eine runter. Das würde ich zwar niemals machen aber irgendwie muss man sich bei dir kleinem Biest ja durchsetzen... oder wenigstens es versuchen“.
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Beitrag von Ethelbert© »

Trautes Heim...

Jochen räusperte sich kurz: „Ja liebes Fräulein Angela. Ich danke Ihnen herzlich für alles. Dann werde ich mich mal in meine Kammer begeben. Sie verstehen sicher, wenn ich mich für einen Moment zurückziehe und ein wenig nachdenke. „Aber sicher“ sprach Angela.

„Nein du bleibst hier, Onkel Jochen“ rief Dalli und versuchte Jochen an seiner Jacke festzuhalten. Daraufhin klemmte sich Angela die schreiende Dalli rücklings unter den Arm und begab sich mitsamt ihrer strampelnden und zappelnden kleinen Schwester zurück in Richtung Haus. Dick, die ein wenig ruhiger und vernünftiger als ihre Schwester zu sein schien, schloss sich den beiden an.

Jochen begab sich nun ins Gesindehaus und liess sich vom herbeigeeilten Hannes seine kleine, bescheidene Kammer mit dem Holzbett und dem recht geräumigen Spind zeigen. Die wenigen Habseligkeiten, die Jochen mit sich führte, verstaute er im Schrank und dann sah er sich kurz im Spiegel an. Unrasiert war er und das Waschwasser hatte es wohl seit längerer Zeit höchst erfolgreich verstanden an Hals und Gesicht vorbeizufliessen. „Ach Gott“ sprach er. „Wie sehe ich nur aus? Richtig schäbig und abgerissen..... jetzt verstehe ich die olle Jantzen erst richtig. So wie ich aussehe hätte ich mich vermutlich selbst rausgeschmissen...“

Er nahm sich Handtuch und Waschlappen und begann langsam und bedächtig den Staub und Dreck aus seinem Gesicht zu wischen. Selbst das eigene Spiegelbild schien ihm fremd geworden zu sein nach der langen, langen Gefangeschaft in Russland und allen Ungemach, das er dort erlebt hatte. Hannes, der aus der kleinen Kammer ein und aus ging um es dem neuen Gast etwas bequem und wohnlich zu machen, schien auch ohne große Worte zu verstehen was in Jochen vorging.

...Glück allein

Er klopfte ihm kurz auf die Schulter und sagte nur: „Ja ja ... wird schon. Das wird schon, Herr Jochen. Alles wird gut“. Jochen trank einen ordentlichen Schluck Wasser und zog sich das etwas altmodisch aussehende dunkelblaue blusenartige Hemd und die Stoffhose aus braunen Leinen an, die Hannes für ihn hingelegt hatte. Das waren wohl Kleidungsstücke von Oma Jantzen's Mann, der im letzten Jahr verblichen war. Plötzlich stieg ein seltsames Glücksgefühl in Jochen auf. Von einem Augenblick zum anderen hatte sich seine Melancholie und sein Wehmut ins Gegenteil gekehrt.„Hier bin ich und hier bleib ich“ rief er laut aus.

Nach zehn Minuten verliess Jochen das Gesindehaus um sich ein wenig auf dem großzügigen Besitz umzuschauen und sich von Hannes seine zukünftige Arbeitsstätte zeigen lassen. Auf dem Rasen tobten die beiden Schwestern herum. Anscheinend spielten sie nachlaufen oder „Fang mich“ oder „Hasch mich“:.. auf jeden Fall ging es ziemlich lautstark zu. Jochen ging langsam auf die beiden zu und die beiden gingen ebenso langsam auf Jochen zu.

„Ach ja das Spiel kenn ich“ dachte sich Jochen. Er drehte sich um und ging nach rechts. Die beiden kleinen Schwestern gingen ebenfalls nach rechts. Er ging etwas schneller nach links und die beiden Schwestern taten das gleiche. Er kratzte sich mit der Hand hinter dem Hals und beide Schwestern kratzten sich ebenfalls am Hals... dabei konnten die beiden ihr Lachen kaum unterdrücken. Es macht halt Riesenspass sich über die Erwachsenen lustig zu machen. Das ging so für eine Weile bis Jochen in Richtung der beiden Kinder stürmte und laut: „Jetzt setzt es aber was!“ rief. Dann schnappte er sich Dalli und...

... wurde vom spitzen Schrei von Oma Jantzen unterbrochen. Die stand auf der Treppe und rief: „Heh Sie......!! Kommen Sie mal her, Herr Jochen. Na kommen Sie schon und setzen Sie die kleine Giftkröte auf dem Rasen ab.“ Jochen liess die kleine Giftkröte sanft auf den Rasen fallen und begab sich zu Oma Jantzen. „Sie Herr Jochen, ich habe einen Auftrag für Sie. Also hören Sie mal zu....
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Lotte

... gehen Sie mal rüber zum Hannes und helfen Sie Ihm die Kutsche beladen. Dann fahren Sie mit den beiden Mädels rüber zum Pudlich und nach Dodau zu den Lüttjohanns und laden die Sachen dort ab.“ Und schon war die Oma wieder verschwunden.

Jochen fuhr sich kurz an die Nasenspitze, schaute kurz nach rechts und links.... was soviel bedeuten sollte wie „Um was geht’s denn eigentlich?“ und begab sich dann Richtung Scheune. Dort war Hannes gerade damit beschäftigt einen imposanten Kaltblüter vor eine lange Kutsche mit grosser Ladepritsche zu spannen. „Das ist Lotte. Sie gehört den Lüttjohanns“ sprach Hannes und Jochen betrachtete sich den großen, schweren Kaltblüter. Es war eine Füchsin mit seidiger weißer Mähne und gut im Futter stand sie auch.

„Ach was für ein schönes Pferd.“ sagte Jochen. „Solche Kaltblüter hatten wir in Oberschlesien auch. Ist das eine Schleswiger Stute?“ Hannes nickte kurz und zeigte dann in Richtung Stalltür, wo sich etliche Sachen befanden, die anscheinend mit der Kutsche wegtransportiert werden sollten. Da waren ein Heuballen, ein paar Säcke Kartoffel und etliche kleinere Säcke, die offenbar Tierfutter enthielten. Sogar ein Sack mit Kohlen war dabei. Jochen verstaute die Sachen auf der Kutsche und wartete der Dinge, die da auf ihn harrten.

Es dauerte nicht sehr lange und die beiden kleinen Schwestern kamen angelaufen. Eigentlich kamen die beiden eher angehüpft und angesprungen. „Ja sagt mal wie alt seid ihr eigentlich?“ fragte Jochen nun neugierig. „Müßt ihr denn nicht in die Schule?“ „Ei bist du dumm, Onkel Jochen“ entgegnete Dalli keck. „Es sind doch Ferien. Nächste Woche gehen wir wieder in die Schule“. „Ich werde im November 11“ sagte Dick, die ältere, etwas größere und etwas rundlichere der beiden Schwestern. Dick hatte zwei lange braune Zöpfe und Dalli, die wie es sich herausstellte erst 9 ½ Jahre alt war, hatte einen blonden Pferdeschwanz. Sowas gehörte sich wohl für so ein „Pferdemädchen“.

Die Kutschfahrt

„Und jetzt fahren wir nach Dodau zu den Lüttjohanns, Onkel Jochen“ meinte Dick und bestieg den Kutschbock. Dalli setzte sich hinten auf die Ladepritsche und Jochen stieg ebenfalls auf den Kutschbock. „Lotte brrrr.... lauf los“ rief Dick und die etwas behäbig wirkende schwere Schleswiger Kaltblüterin setzte sich langsam in Bewegung. „Lotte ist stärker als wie 5 Ponys“ meinte Dick fachmännisch nickend und eine Kennermiene aufsetzend. „Und die kackt wie 5 Ponys“ rief es von hinten.

Da sich die beiden Schwestern in den nächsten zehn Minuten angeregt darüber unterhielten, welches Pony denn den meisten Mist machte und ob Lotte es gewesen sei die den grossen Haufen rechts vom Tor hingemacht hätte ... und andere ähnlich weltbewegende Themen diskutierten... beschloß Jochen ganz einfach die Landschaft zu geniessen. Schließlick könne es ja immerhin sein, daß dieses Jochen's „neue Heimat“ werden könnte. Gefallen tat es ihm hier ja schon... aber nach allem was er erlebt hatte war er sehr vorsichtig und eher mißtrauisch geworden.

„Wer sind denn eigentlich die Lüttjohanns?“ fragte Jochen schließlich. Die Kutsche mit der fröhlich trabenden Lotte befand sich mittlerweilen auf einem Waldweg. „Und wo fahren wir denn überhaupt hin?“ „Zum Forsthaus, Onkel Jochen. Wir fahren unsere Pächter in Dodau besuchen. Den Opa und die Oma Lüttjohann“.

„Aha“ meinte Jochen. „Und was machen der Opa und die Oma Lüttjohann?“ „Ei die wohnen im Forsthaus. Das gehört doch uns. Und weil die beiden so schlecht zu Fuß sind bringen wir ihnen immer die Sachen mit wo sie brauchen“. „Und die wollen uns nie heimgehen lassen“ rief Dalli von hinten aus Richtung Ladekante. „Aha so so...“ meinte Jochen. „Und unserer Oma ist dann immer froh wenn sie uns mal los ist“ ergänzte Dick und Jochen antwortete mit einem weiteren „Aha so so....“.

„Da hinten ist das Forsthaus“ rief Dalli nun und sprang von der Pritsche, lief nach vorne zum Kutschbock und balancierte sich dann auf Lotte's Rücken. Die hatte wahrscheinlich nicht einmal bemerkt, daß sich eine Reiterin ihrer bemächtigt hatte. Aus wahrscheinlich war aus Lotte's Sicht ein Fliegengewicht wie Dalli nicht der Mühe wert überhaupt bemerkt zu werden...
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Das alte Forsthaus

Das Fuhrwerk mit der braven Lotte rollte entlang eines Feldweges, der links von einer Hecke begrenzt war. Rechts sah man in der Ferne zwei Gebäude und davor befand sich eine weite offene Grasfläche. „Ei wie schön“ entfuhr es dem Spätheimkehrer Jochen von Roth. „Fast so schön wie damals bei uns“. Schließlich waren Lotte und ihre Besatzung vor besagtem Forsthaus angekommen. Dieses Forsthaus sah schon ein wenig betagt aus und besaß ein riesiges Strohdach.

Die drei stiegen aus bzw. ab und fast gleichzeitig öffnete sich die Haustür. Eine alte Frau im langen Bauernrock und mit Gehstock kam vorsichtig die kleine Treppe herunter und winkte dabei den Ankömmlingen zu. „Hallo Oma Lüttjohann!“ erklang es zeitgleich aus den beiden Mädchenkehlen. „Hier sind wir“.

„Hallo ihr zwei“ rief Oma Lüttjohann. „Und ihr habt auch noch jemanden mitgebracht?“ Jochen von Roth ging auf die alte Dame zu und stellte sich kurz aber sehr höflich vor. „So Sie arbeiten jetzt für die Jantzen? Ja Arbeit gibt es hier wirklich genug. Aber wenn wir die Arbeit noch machen könnten.... ach was... kommt erstmal rein ins Haus ihr drei“.

Die drei betraten zusammen mit Oma Lüttjohann das alte Forsthaus. Es war sehr schön eingerichtet, wenn auch ein wenig altmodisch. „Ich hab Pfannkuchen für euch gemacht, Dick und Dalli“ sagte Oma Lüttjohann und so wie Dalli's Gesicht nach dieser Ankündigung aussah konnte nur der berühmte „Honigmond“ aussehen... wenn es den überhaupt gab. Und schwupps waren die beiden Mädels in der Küche verschwunden.

„Ach die beiden Goldkinder ... die werde ich so vermissen. Die haben uns hier schon soviel Freude gemacht. Die bringen Leben in unser altes Haus“ sagte Oma Lüttjohann zu Jochen. „Wieso werden Sie die vermissen?“ fragte Jochen neugierig. „Ach wissen sie, Herr Roth....“ ... Jochen hatte es vermieden sich als ein „von Roth“ vorzustellen.... „mein Mann und ich werden uns bald auf das Altenteil zurückziehen. Wir ziehen dann nach Husum zu Verwandten und wollen unseren Lebensabend dort verbringen. Unsere Kinder wollten von Landwirtschaft und Viehzucht ja nichts wissen. Die wohnen alle in der Stadt. Und irgendwie kann ich das auch verstehen. Die Arbeit ist schon sehr mühsam“.

Sentimentalitäten

Schließlich kam Dick aus der Küche. „Danke Oma Lüttjohann. Die Pfannkuchen waren lecker. Dürfen wir zum Opa in die Scheune?“ „Aber natürlich“ entgegnete Oma Lüttjohann. „Lutger, mein Mann, arbeitet gerade in der Scheune. Eigentlich sollte er sich ja nicht mehr so anstrengen meint der Arzt. Aber die Arbeit muss halt getan werden.“

„Ja dann will ich nicht weiter stören, Frau Lüttjohann“ meinte Jochen nun. „Ich werde jetzt ihre Sachen von der Kutsche laden und ins Haus tragen.“ Das tat Jochen dann auch... die beiden Mädels waren in der Zwischenzeit irgendwohin verschwunden. Wahrscheinlich tobten die beiden in der Scheune herum und erzählten dem Opa Lüttjohann von ihren Ponys. So dachte es sich Jochen und dieser Gedanke war durchaus nicht ganz falsch wie man dem Jauchzen und Lachen aus Richtung Scheune unschwer entnehmen konnte.

Jochen hatte alle Sachen ins Haus getragen und befand sich draussen vor dem Forsthaus. Er schaute sich in der Gegend um und so mancher noch eher unklare Gedanke durchstreifte sein Gehirn. Eine sentimentale Stimmung überkam ihn. An irgendwas erinnerte ihn dies alles... aber Jochen zog es vor all diese Gedanken ersteinmal wegzusperren.

Wer war er denn schon? Im Grunde nur ein Nichts, das gerade aus dem Krieg zurückgekehrt war, während alle anderen es schon längst zu Ansehen und Wohlstand gebracht hatten und Familien gegründet hatten. „Das war aber nicht meine Schuld“ schrie er plötzlich und zwar so laut, daß wenig später ein Mädchenkopf aus der Scheune herausschaute. Es war Dick...
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Besuch beendet...
„Hast du uns gerufen, Onkel Jochen?“ fragte Dick, die ja eigentlich Barbara mit Vornamen hiess. „Ist es schon Zeit zum Wegfahren, Onkel Jochen?“ Ach ja... die drei sollten ja noch zu diesem Tierarzt fahren, dessen Namen Jochen schon wieder vergessen hatte. „Ja Dick. Hol deine Schwester. Wir müssen noch zum Doktor Pulling.“ „Pudlich... Hi Hi ... der heißt doch Pudlich, Jochen.“ Jetzt hatte Dick doch tatsächlich das „Onkel“ vergessen. „Wahrscheinlich gehör ich bald zum Inventar“ murmelte Jochen lächelnd und den Kopf ein wenig schüttelnd.

Dann kam Dalli in Begleitung eines alten Mannes aus der Scheune. Der Mann hatte weisse Haare, einen ebenso weissen Bart und war genauso gekleidet wie man sich es sich bei einen norddeutschen Landmann wohl so vorstellte. “Eigentlich fehlen nur noch die Holzschuhe...“ dachte sich Jochen. Doch ein kurzer Blick in Richtung Füßgegend des Mannes enttäuschte leider. Der Mann trug hochhackiges festes Schuhwerk.

„Ja gudden Tach. Lüttjohann iss min Namen“ sagte der Mann und bot Jochen die Hand. „Et Dalli had mir schon vun innen erzeehlt. Dat si een Waisenmann sinnn.... ei ich will euch nid länger aufhalle... mir sehe us ja noch...“ sprach der Mann und entschwand winkend wieder in Richtung Scheune. „Jetzt aber rasch“ rief Dalli. „Wir müssen zum Onkel Pudlich. Der wartet doch schon auf uns“.

Und schon ging die Reise weiter. Lotte trabte gemütlich des Weges entlang und die beiden Mädels hatten wohl Lust bekommen zu singen. Jochen hatte die Zügel ergriffen und zwei helle Mädchenstimmen erschallten durch den Dodauer Forst. So nannte sich dieses Waldstück nämlich... wie Jochen es gleich zu Beginn der Fahrt von Dick erfahren hatte.

Schließlich waren die drei im Dorf Malente-Gremsmühlen angelangt und der Klang von Lotte's Hufen war wahrscheinlich meilenweit zu hören. Dieser Klang von Hufen auf altem Kopfsteinpflaster... das war für Jochen kein Lärm – das klang in seinen Ohren eher wie Musik. Das Fuhrwerk mit Lotte, den beiden Schwestern und Jochen bog irgendwann in eine kleine Seitengasse ein und hielt vor einem kleinen, aber feinen und gepflegt wirkenden Haus.

Beim Tierarzt

Die drei stiegen ab und Jochen las was da auf dem Schild neben der Haustür stand: „Tierarzt Dr. Balduin Pudlich“. Die beiden Schwestern schauten Jochen an und lasen wahrscheinlich dessen Gedanken. „Gell Onkel Jochen. Der Pudlich hat einen lustigen Vornamen... HiHiHi... Balduin der Pinguin.. HiHiHi...“

„Dalli. Sag das nicht! Der Pudlich mag es doch nicht gerne wenn man sich über seinen Vornamen lustig macht..:“ Jochen enthielt sich jeglichen Kommentares und pochte stattdessen gegen die Tür. Auf dem Fuhrwerk befanden sich noch etliche Sachen und die konnten wohl nur für diesen Doktor bestimmt sein. Da sich nichts tat klopfte Jochen noch einmal kräftig gegen die Tür. Dann sah er endlich die Kuhglocke, die links neben der Tür angebracht war. „Na dieser Tierarzt muss ja ein ein lustiger Vogel sein“ sagte Jochen und die beiden Schwestern nickten heftig.

Jochen zog an einer Leine und ein blechernes „KlirrKlorr“ erklang. Man fühlte sich fast wie im Allgäu oder in Oberbayern und Jochen dachte sich, daß wahrscheinlich gleich ein Herr mit Tirolerhut und Lederhose vor ihm stehen würde. Dem war jedoch nicht so. Die Tür öffnete sich und ein großer, schlaksiger, leicht gebeugt gehender älterer Herr stand vor ihm. Sein breiter, grauer Schnauzbart und die Lachfalten machten ihn gleich symphatisch.

Der Tonfall, den Jochen kurz darauf vernahm, machte den Herrn noch symphatischer. Das klang unverkennbar nach Rheinland, nach Köln oder nach einer anderen Ecke in diesem Teil Westdeutschlands. „Na da seid ihr ja. Wo war'd ihr denn die janze Zeit jewesen? Ich hann schonn die janze Ziit uff eich jewartet... neee.. wer iss'n der Mann? Is dat euer Pappi, Dick unn Dalli... Hihihihi...“
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Die Klarstellung

Womit Dr. Pudlich allerdings nicht gerechnet hatte... das war die Hartnäckigkeit und naseweisse Rechthaberei der beiden Immenhof-Mädels. Und ganz besonders der von Dalli. Die verstand in solchen Fragen wie „Ist das euer Papi?“ nämlich nicht den allergeringsten Spass.

„Onkel Pudlich“ sagte Dalli und stellte sich breitbeinig vor den schon etwas älteren Veterinärmediziner. „Also jetzt hör mal zu, Onkel Pudlich!“ Dalli spreizte ihre beiden Ärmchen rechtwinklig - die bekannte Drohpose bildend - in den Hüften und visierte den Doktor, der mindestens anderthalb mal so groß war wie sie selbst, mit festem Blick an. „Unser Papi ist schon lange tot. Das haben wir dir schon so oft erzählt damit du es weißt.“ Das war zwar kein richtig korrektes Hochdeutsch aber darauf kam es in diesem Augenblick nun wirklich nicht an.

„Der Mann ist unser neuer Knecht und arbeitet bei uns im Stall. Und unser Papi ist das nicht. Außerdem hat die Oma gestern gesagt, daß du Onkel Pudlich manchmal so rumläufst als wären bei dir im Schrank drei Tassen kaputt.“ Na das war aber hart... und eigentlich hatte die Oma eher gemeint, daß Dr. Pudlich manchmal nicht alle Tassen im Schrank hätte... vor allem wenn er etwas zu tief ins Glas geschaut hätte...

Allerdings war Dalli sich sicher, daß diese Rüge sowohl angebracht als auch vor allem richtig angekommen sei. Schließlich werde sie ja auch immer gerügt, andauernd würde an ihr rumgennörgelt... und dabei wären die Erwachsenen manchmal auch ganz schön anstrengend.

„Hi Hi Dallileinchen, du meenst wohl ich hätte nich all Tassen im Schrank? Hi Hi Hi... dat stimmt, Dallileinchen... Hi Hi Hi... die Tassen sinn uff'm Tisch unn ihr seid herzlich zum Käffchen einjeladen... Hi Hi Hi...“

Käffchen...

Dann bat Dr. Pudlich seine Gäste in sein Haus hinein. Jochen wollte jedoch zuerst einmal die Sachen, die für Dr. Pudlich bestimmt waren, von der Kutsche laden. „Neee zuerst gehe mir mol een guddes Käffchen trinke“ meinte Dr. Pudlich. „Ja sacht mal, Dick unn Dalli... watt macht denn dat Henriette? Isse imma noch am rumschimpfe?... Ach wenn et mich doch heirate däd. Sid 16 Joar unn zwee Monad will ich et Henriette schunn heirate unn et will ned.“ Der Doktor schien sich recht genau an diesen ersten Heiratsantrag zu erinnern.

Dr. Pudlich komplimentierte seine Gäste nun ins Haus hinein und nicht wie man es gewöhnlich tut aus dem Haus hinaus. Der Doktor schien ein sehr geselliger Mensch zu sein. Im Wohnzimmer des Doktors angekommen bat er die drei doch Platz zu nehmen. Und tatsächlich... der Tisch war schon gedeckt... das war wohl der Grund warum der Doktor nicht sofort die Haustür geöffnet hatte. Der war wohl damit beschäftigt Kaffe, Kuchen und Keks für seine Gäste bereit zu stellen.

„Setzen se säch doch“ meinte Dr. Pudlich zu Jochen. „Setzen se sich rujig. Ich bin keen feiner Pinkel... HiHiHi.... unn sie sehn aus als ob sie schunn lang nicht mehr Kaffe jetrunken hannn....“. Woher wußte der Doktor das denn? Jochen war ein wenig irritiert. „Ja ich kann doch zwee und zwee zusamme zeehle“ meinte der Doktor zum erstaunten Jochen von Roth. „Dat sie uss der Kriegsjegangenschaft kumme dat sieht man doch... ihr Haarschnitt verrät sie. Unn ausserdem henn ich heut nachmittach schunn et Angela jetroffe...“

Ach so...
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Beitrag von Ethelbert© »

Ein langer Tag geht zu Ende...

Dick und Dalli hatten mittlerweilen auf Dr. Pudlichs Sofa Platz genommen und stopften sich den leckeren Kuchen in die hungrigen Münder. Hei was war das für ein Tag... zuerst hatte es leckere Pfannkuchen bei den Lüttjohanns gegeben und jetzt leckeren Kuchen und Keks beim Doktor. Jochen ass auf dringendes medizinisches Zuraten des Doktors ebenfalls von dem leckeren Kuchen und schlürfte einen Bohnenkaffee. Dazu hätte es allerdings keines medizinischen Zuratens bedurft. Jochen hatte mittlerweilen ordentlich Hunger.

Dann wurde es allerdings Zeit zum Gehen. Dr. Pudlich verabschiedete sich höflich von seinen Gästen. Er hatte noch einen tierärztlichen Termin wahrzunehmen, den man auf gar keinen Fall aufschieben konnte. So begaben sich Dick, Dalli und Jochen wieder zu Lotte und der großen Kutsche und dann machten sich die drei auf in Richtung Immenhof.

So ging Jochens erster Tag auf dem Immenhof zu Ende. Totmüde ließ er sich gegen Abend ins etwas harte und enge Bett fallen... aber in der Beziehung war Jochen in den letzten Jahren wirklich nichts besseres mehr gewohnt. Früh am Morgen stand er zusammen mit Hannes auf und begab sich in Richtung Scheune. Hannes gab Jochen die notwendigen Anweisungen und dann begann ein harter, arbeitsreicher Tag. Dem schloss sich ein weiterer arbeitsreicher Tag an.. und noch einer... und noch einer... auf so einem großen Gut gab es nämlich jede Menge zu erledigen.

Und Reparaturarbeiten... davon schien es geradezu unendlich viel zu geben. Das Gut war nun wirklich in keinem guten Zustand mehr. Kein Wunder... es war ja eigentlich immer noch „kurz nach dem Krieg“ und in den letzten Jahren hatten die Menschen in Deutschland wohl in erster Linie um ihr nacktes Überleben gekämpft. Da war keine Zeit und auch kein Geld für irgendwelchen Luxus vorhanden.... und erst recht nicht für irgendwelche unnötigen Dinge, auch wenn diese Dinge manchmal recht nötig waren.

Oma's Auftrag

„Herr Jochen“... sagte die Oma. Sie hatte sich erst gegen Mittag bei Jochen und Hannes blicken lassen. Oma Jantzen war den ganzen Morgen in geschäftlichen Dingen unterwegs gewesen und trug ihr feinstes dunkelblaues Ausgehkostüm. „Herr Jochen, sie sind ja fleißig bei der Sache“. Jochen rieb sich zunächst einmal mit dem Arm den Schweiss von der Stirn. Dann begrüßte er die Oma mit einem kurzen, festen Handschlag.

„Schauen sie vielleicht mal nach dem Dach, Herr Jochen?“ Die Oma wies mit dem Finger in Richtung des Torhauses. „Da fliegen schon die Ziegel runter. Wenn die eins der beiden Kinder treffen oder ein Pony. Das wäre ja nicht auszudenken. Da muß sofort repariert werden. Husch, Husch... Herr Jochen. Jetzt stehen sie nicht rum und halten Maulaffen feil! Husch... nehmen sie das Werkzeug und steigen sie auf's Dach!“

Und schon war die Oma wieder verschwunden. Jeder andere hätte jetzt wahrscheinlich einige gehässige Bemerkungen gemacht... die Oma konnte manchmal recht herrisch und bestimmend sein ... nicht jedoch Jochen von Roth. Dem schien das alles nur recht zu sein. Viel Geld verdiente er zwar nicht als Tagelöhner. Aber die Leute hatten auch nicht soviel Geld. Aber ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen... und die wunderschöne Landschaft der Holsteinischen Schweiz, die Jochen immer besser gefiel... ja das schien es zu sein.

Abends, nachdem er sein Tagwerk getätigt hatte, machte er schonmal gerne einen kleinen Spaziergang am See entlang, blickte sich die Seerosen an und wagte auch einmal ein wenig von der Zukunft zu träumen. Vielleicht würde es ihm gelingen sich hier eine neue Existenz aufzubauen... aber sicherlich nicht als Tagelöhner. Irgendetwas würde sich schon für ihn ergeben... da war sich Jochen ganz sicher.

Es dauerte nicht sehr lange und man konnte Jochen auf dem Dach des Torhauses herumturnen sehen. Das war auch Dalli nicht entgangen, die zusammen mit ihrer Schwester aus dem Dorf geritten kam. Die beiden kamen gerade aus der Schule, die gerade wieder angefangen hatte.

„Kuck mal, Dickie. Da oben ist der Onkel Jochen“. „Komm wir gehen den Onkel Jochen mal besuchen“ meinte sie zu ihrer Schwester. „Nein das machst du nicht, Dalli!“ meinte die ältere Schwester streng und etwas oberlehrerhaft. Dick betrachtete sich nämlich als Beschützerin ihrer jüngeren und wie sie glaubte doch recht leichtsinnigen und kindlichen kleinen Schwester. „Die Oma hat uns streng verboten aufs Dach zu steigen“.

Und das hatte auch einen Grund...
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Ein leichtsinniges Mädchen

... wie Jochen später erfuhr. Dieser Grund schien jedoch Dalli nicht davon abzuhalten dem neuen Immenhof-Dachdecker hoch oben auf dem Dach des Torhauses einen Besuch abzustatten. „Hallo Onkel Jochen, ich komme rauf...“ Und schon war Dalli auf die lange Holzleiter gesprungen, auf der Jochen das Dach bestiegen hatte. Die ziemlich wacklige Leiter war oben an der Spitze des mittleren Erkers angelehnt ...und damit sehr, sehr hoch. Vor allem für ein kleines Mädchen wie Dalli.

„Du bleibst hier, Dalli!“ rief Dick ihrer unvernünftigen Schwester hinterher. Doch die war offenbar ganz vom Gedanken beseelt den guten Jochen da oben auf dem Dach zu besuchen. Ziemlich flott stieg Dalli nach oben und das ging so schnell, daß weder Jochen noch Dick überhaupt Zeit hatten einzugreifen. Jochen hatte es sowieso die Sprache verschlagen... soviel ungestümes, kindliches Temperament war er wohl nicht gewohnt. Dalli befand sich nur noch knapp einen Meter von der Spitze des Erkers entfernt als sie nach unten zu ihrer Schwester schaute.

Und da passierte es... plötzlich klammerte sich Dalli an die Leiter, schaute nach oben und unten... und begann qualvoll und eindringlich zu schreien. Ihr ganzer Körper begann zu zitttern und was sich da oben abspielte konnte wohl nur noch mit „Todesangst“ umschrieben werden. So ähnlich musste es wohl einem Bergsteiger ergehen, der tausend Meter ohne Seil nach oben gestiegen ist, den Blick immer gegen den Gipfel gerichtet.... und nach einem Blick nach unten aufeinmal realisiert, dass die Menschen unter ihm klein wie Ameisen sind und die Häuser wie Spielzeughäuser aussehen.

„Dalli, beweg dich nicht“ rief Jochen von oben herunter. „Ich versuche dich von der Leiter zu holen.“ Am unteren Ende der Leiter lief Dick verzweifelt hin und her. Es schien ihr beim besten Willen nichts einzufallen, was ihrer zitternden und sich krampfhaft an den Leitersprossen festhaltenden kleinen Schwester helfen könnte. Jochen, der sich oben am Türmchen festhielt, schrie so laut er konnte nach Hilfe. Es dauerte nicht lange und Oma Jantzen kam aus dem Haus gerannt. Aus der Scheune kam Stallknecht Hannes ebenso schnell angerannt.

Verzweifelte Lage

„Oh Gott, oh Gott....“ die Oma war in einem Zustand totaler Panik und traute sich gar nicht nach oben zu schauen. Hannes rief Dalli zu, daß sie sich gut festhalten solle. „Steigt bloss nicht auf die Leiter“ rief Jochen von oben. „Die wackelt und ist instabil“. „Oh Gott... Oh Gott...“ stöhnte die Oma und sah aus, als hätte der Herr Pfarrer so eben von der Kanzel den Weltuntergang um Viertel vor Zwölf angekündigt. „Jesus hilf....“ rief die Oma und schlug die Hände über dem Kopf zusammen.

Nur noch Jochen schien Herr der Situation zu sein. Er stand immer noch oben auf dem Dach und hielt sich an dem kleinen mittleren Türmchen des Torhauses fest. Da Dick, die Oma und Hannes unten wie die Hühner herumliefen mußte jemand das Kommando übernehmen. Sonst würde es der armen, kleinen und völlig verheulten Dalli da oben auf der Leiter sehr schlecht ergehen. „Ruhe da unten!“ brüllte Jochen aus seiner erhöhten Kommdandeursposition. „Hört sofort auf da unten rumzulaufen und wie die Hühner rumzugackern!“

Das zeigte prompt Wirkung. Die Oma starrte mit weit geöffnetem Mund nach oben und blieb nahezu regunslos stehen. „Hannes, lauf in die Scheune und hol mir ein langes Seil!“ Hannes tat wie befohlen und wenig später warf er das Seil nach oben zu Jochen. Nach einigen Anläufen gelang es diesem schließlich das Seil mit der rechten Hand zu fangen. Nun mußte es schnell gehen... denn die arme Dalli konnte jeden Moment von der Leiter plumpsen und sich womöglich etwas brechen. Vielleicht sogar den Hals.

Geschickt band Jochen eine doppelte Schleife und warf ebenso geschickt Dalli diese Schleife über die Schultern. Dann zog Jochen das Seil fest an und Dalli war nun zusammengeschnürt wie ein Weihnachtspaket. Dann band Jochen das Seil oben um den Erker. Auf diese Weise stabilisiert konnte der Abstieg beginnen. Jochen schwang sich auf geradezu abenteuerliche Weise über den rankenden Efeu nach unten. Dann stieg der vorsichtig die Leiter hoch um Dalli zu holen.

Gerettet.... es war als würden alle Kirchenglocken auf einmal läuten..
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Weltschmerz

„Ach Herr von Jochen... ach ich meine ja Herr von Roth... wie kann ich ihnen nur danken“ sagte die Oma und faltete ihre Hände zusammen. Dabei schaute sie heimlich und verstohlen in Richtung Himmel und auch vermutlich in Richtung Kirche, die allerdings hier vom Immenhof aus nicht zu sehen war. In der ganzen Aufregung hatte Oma Jantzen sogar vergessen auf Dalli „richtig böse“ zu sein oder zumindestens ihr den Hosenboden stramm zu ziehen.

Diese Aufgabe hatte in der Zwischenzeit die ältere Schwester Dick übernommen. Angela, die älteste der drei Schwestern, befand sich seit einigen Tagen nicht mehr auf Immenhof sondern in Lübeck. „Du unartiges Mädchen“ sagte Dick zu ihrer kleinen Schwester. „Auf dich muß man aufpassen wie ein kleines Baby!“ Dabei drohte sie mit ihrem Zeigefinger und bemühte sich Dalli möglichst strafend und böse anzuschauen. Das hatte sie wohl von ihrer Großmutter abgeschaut. Allerdings gelang es ihr nicht wirklich überzeugend, denn Dalli streckte ihr die Zunge raus und lief davon in Richtung Ponystall, um sich für die nächste Zeit hinter irgendeinem Huftier zu verstecken.

Doch Dick lief ihr hinterher. Schliesslich war die Strafpredigt ja noch nicht beendet. „Du kannst dich ruhig hinter Mausi verstecken... ich finde dich ja doch“. Mausi hiess die dunkelbraune Ponystute hinter der Dalli auf den Knien kauerte, um sich für die nächste Zeit von der bösen Welt zu verstecken. „Die Oma hat gesagt, daß du ihr 10 Jahre ihres Lebens kostet. Und außerdem gibt es zur Strafe heute und morgen keinen Nachtisch. Denn ess ich dann. Bääääh!!!“

Das war eindeutig zu viel für Dalli. Keinen Nachtisch? Und das alles nur weil sie den Jochen mal oben auf dem Dach einen Besuch abstatten wollte? Die Welt war ungerecht.... sogar maßlos ungerecht. Schließlich entschloss sich Dalli heulend ins Haus zu laufen und sich hinter Trine's Rock zu verstecken. Trine hieß nämlich das Dienstmädchen und sie war noch nicht lange sehr lange auf Immenhof da. Außerdem war Trine zwar gutmütig aber ein wenig einfältig. Aber um sich an ihrem Rock auszuheulen.... dafür war Trine Dalli's Meinung nach gut genug.

Ein schönes Geschenk

Unterdessen hatte sich Oma Jantzen entschlossen Jochen von Roth ein Geschenk zu machen. „Wenn Sie das nicht nehmen bin ich ernstlich böse mit ihnen!“ sagte sie zu Jochen und drückte ihm einen großen Beutel in die Hand. „Das müssen sie nehmen... und keine Widerrede.“ Jochen entschloß sich Oma Jantzens Geschenk anzunehmen. Kurz darauf stellte sich heraus, daß das Geschenk aus einigen Kleidungsstücken bestand. Allerdings waren das nicht irgendwelche alten Kleidungsstücke sondern eine feine Jacke, Hose und sogar einige Krawatten.

Wie sich später herausstellte stammten diese Kleidungsstücke von Flüchtlingen, die nach dem Krieg ihr Hab und Gut eintauschen mußten, um die lebensnotwendigsten Dinge zu erwerben. Aber Oma Jantzen hatte diese armen Leute niemals über den Tisch gezogen. Eine rauhe Schale verbirgt meist einen weichen Kern.

„Und morgen sollten Sie mal ausgehen, Herr von Roth.“ sagte die Oma nun. „Sie arbeiten ja viel zu viel. Aber das freut mich.“ Jochen tippte sich kurz an die Oberlippe... und nickte. Ja das sollte er wirklich einmal tun. In den letzten Tagen, ja eigentlich Wochen, hatte er von früh bis spät gerackert und geackert. Und ein wenig Vergnügen hat der Mensch auch mal verdient.
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Wochenende

Jochen stand vor dem Spiegel und beäugte sich selbst. Er fummelte noch ein paar Mal am Kragen herum und schien immer noch nicht richtig zufrieden zu sein. Die feine Kleidung, die ihm Oma Jantzen geschenkt hatte, passte... so na ja. Denn eigentlich war Jochen ein wenig zu mager für die Jacke. Aber irgendwie gelang es ihm dann doch so auszuschauen, wie er glaubte ausschauen zu müssen. Seit Dalli's spektalulärer Rettung waren wieder drei Tage vergangen und heute war Samstag.

Jochen hatte in den letzten Tagen hart geschuftet... das tat er ja fast immer. Aber heute am Samstag da wollte er es sich einmal richtig gut gehen lassen. Hannes hatte ihm das „Gasthaus Zum Krug“ empfohlen. Da würde es immer hoch hergehen und da sei meistens ordentlich Stimmung. Außerdem führe am „Gasthaus zum Krug“ eigentlich kein Weg vorbei... vor allem wenn man mal so richtig Durscht hätte. Und den hatte Jochen heute auf jeden Fall.

Nachdem er einige Minuten an der Landstraße entlang gegangen war, stand er dann vor diesem „Gasthaus zum Krug“. Ein Gasthaus von innen gesehen.... das hatte Jochen schon seit langem nicht mehr. Da hatte er ganz andere Dinge mitgemacht Und eigentlich sollte er froh sein, daß diese anderen Dinge ihn nicht sein Leben gekostet hätten. Solche Gedanken kamen ihm manchmal und es war schwer diese Gedanken dann wieder los zu werden. Denn viele seiner Kameraden hatten die Kriegsgefangenschaft im fernen Rußland nicht überlebt. Und bei vielen mußte er zuschauen, wie es mit ihnen zu Ende ging. Sowas prägt einen....

Jochen stand vor der Tür... setzte seinen Fuß auf die Stufe... nahm ihn wieder zurück und überlegte. Ja was überlegte er eigentlich? „Ach was....“ dachte sich Jochen und drückte die Klinke der Tür nach unten. Dann trat er ein.... und sah etwas, das er schon seit ewigen Zeiten nicht mehr gesehen hatte. Die Kneipe war verraucht und von überall her hört man Stimmen. Jeder schien durcheinander zu reden. Und die Leute waren hier offensichtlich bei bester Laune. Vor allen Dingen an dem großen Tisch links hinten... das mußte wohl so eine Art Stammtisch sein.

Das Gasthaus zum Krug

Jochen trat etwas schüchtern an die Theke und sagte „Guten Abend“. Der Kneipenwirt hatte ein weisses Hemd an und machte einen sehr jovialen Eindruck. „Was soll es denn sein... Herr... ähmmm..“ „Herr Roth“ ergänzte Jochen. „Ja ich hätte gerne ein frischgezapftes Bier“. „Sie hab ich hier aber auch noch nicht gesehen“ meinte der Wirt. Er war gerade damit beschäftigt, ein paar Biergläser zu spülen. „Ich bin noch nicht lange hier“ antwortete Jochen. „Ich war sehr lange weg...“ ... Jochen zögerte ein wenig. „Jetzt arbeite ich auf dem Immenhof.

Ein Lächeln zog sich über das Gesicht des Wirtes. „Auf dem Immenhof? Ach neee.... da sinn se ja der Kollege von dem da.... passen se nur uff mit der Speisekammer.“ Der Wirt zeigt lächelnd in Richtung des großen Tisches. Dort saß eine äußerst fröhliche Runde zusammen. Jochen hatte allerdings nicht ganz verstanden, was der Wirt meinte. „Wessen Kollege bin ich?“ fragte Jochen. „Ei vom Herrn Grobisch... der da!“ Der Wirt vom Dorfkrug wies in Richtung eines kleinen, untersetzten und etwas kahlköpfigen Mannes, der an diesem Tisch saß und offenbar allerbester Laune war und es anscheinend hervorragend verstand, diese gute Laune weiter zu verbreiten.

„Hein Daddel war auch auf dem Immenhof“ meinte der Wirt. „Eigentlich heißt er ja Grobisch. Aber wir nennen ihn Hein Daddel. Der war auf See, der Hein. Auf'm Kutter.“ Jochen erinnerte sich nun, daß Angela ihm vor einiger Zeit von diesen Hein Daddel erzählt hatte. Den hatte Oma Jantzen vom Immenhof geschmissen, weil etwas zu oft in der Immenhof-Speisekammer versackt war anstatt in der Arbeit.

„Jooo Hein. Jetzt zeig uns mal wie du die Seeschlacht von Lumumba gewonnen hast.“ Hein Daddel erhob sich von seinem Stuhl und begann die Seeschlacht von Lumumba exklusiv für die im Dorfkrug versammelte Runde nachzuspielen. „Joo Matrosen!. Das war so. Also ich war Maat auf dem Panzerkreuzer Prinz Eugen.....“
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Die Seeschlacht

... Tschääää....“. Jetzt nahm Hein Daddel erst einmal einen kräftigen Schluck aus seinem Bierglas und genoß sichtlich die Spannung, die sich in den Gesichtern seiner Stammtischbrüder abzeichnete. „Joo Matrosen! Die Prrrrrinz Eugen war ja dat Schiff vom Admiral Jaromir von Gulasch.... Jooo Matrosen! Det war der Erfinder von der Gulaschkanone.“

Die Stimmung am Stammtisch stieg deutlich nach oben und die ersten zustimmende Handklopfer auf die Tischplatte waren zu vernehmen. „Jooo Matrosen! Jetzt wissst ihr jooo wer die Gulaschkanone erfunden had.... dat war unser Admiral, der Kommandant vom Prinz Eugen unn von dem zweeten Verband von dem kaiserlich königlichen K.U.K Schiffsflottenverband.“ Hein nahm nun einen weiteren Schluck aus seinem Bierglas.

Jochen hatte sich unterdessen bequem mit dem Rücken an die Theke gelehnt und hielt sein Bierglas in der linken Hand. Dieser Seeman schien ja wirklich ein unterhaltsamer Typ zu sein. Und nun begann Hein so richtig loszulegen. Er erklärt dem gespannten Publikum, daß der Schiffsverband der Prinz Eugen vor Afrika in einen Hinterhalt der Engländer gekommen sei. Und dies ausgerechnet in dem Moment, wo die Prinz Eugen 10000 Negerkinder an Bord hatte, die in Oberbayern Sommerferien machen sollten. Die Lage sei äußerst dramatisch gewesen.

Hein begann nun die auf dem Tisch stehenden Biergläser recht und links in zwei Gruppen anzuordnen. „Dat war der englische Verband“ meinte Hein und zeigt auf die Biergläser rechts. „Und dat war'n wir“... wobei er auf die links stehenden Biergläser zeigte. „Dann hat der Engländer zu schießen angefangen...... RUMMSSS.... 1000 Tote.“ Hein Daddel nahm sich eines der Biergläser links und trank es aus. Damit war das erste Schiff erfolgreich versenkt.

„Wir haben sofort mit der dicken Emma zurückgeschossen. Dat war unser Bordgeschütz, die dicke Emma. Die konnte von Afrika bis nach Hamburg-Blankenese schiessen. RUMMMSSSS... Volltreffer. 2000 Tote bei den Engländern“. Hier schien sich ein wahres Gemetzel anzubannen. Aber zuerst trank Hein zwei weitere Biergläser, diesmal von der rechten Seite, aus. So eine Seeschlacht macht durstig.

Torpedo Ahoi!

„Unn dannn....“.... Hein Daddel sprang auf und seine Augen begannen zu leuchten. „Un dannn...“ ... „Ja watt denn dann, Hein?“ fragte einer der Stammtischbrüder. „Unn dann.... sah man plötzlich das Wasser sprudeln. Irgendwas kam da im Wasser uff us zu...“ Die Stammtischbrüder waren bis aufs Äußerste gespannt. „Ja was denn, Hein? Was kam denn da auf euch zu?“

Hein Daddel wischte erstmal den Bierschaum von seinen Lippen und nahm einen weiteren kräftigen Schluck. „Det war ein Torpedo. Die Engländer hann ein Torpedo auf uns abjeschossen....“ Hein Daddel hielt inne und genoß es sichtlich, daß mittlerweilen der ganze Dorfkrug an seinen Lippen hing.

„Was hast du da gemacht, Hein?“ fragte ein anderer Stammtischbruder. „Joo ... ich mußte ja die Negerkinder auf der Prinz Eugen retten. Ich spring also ins Wasser und schwimm uff dat Torpedo zu. Dat had nich lang jedauert und ick war da.“ Ein Raunen ging durch den Dorfkrug. Und noch ein weiteres Raunen. „Ick spring also uff das Torpedo drauf und fahr mit'm Torpedo durch's Wasser... mitten uff den Panzerkreuzer mit den Negerkindern zu.“

Jochen hörte dem Seemansgarn gespannt zu und prostete dem Stammtisch mitsamt dem lustigen Geschichtenerzähler freundlich zu. „Unn dannn......
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