Dick und Dalli in Italien

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Ethelbert©
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Dick und Dalli in Italien

Beitrag von Ethelbert© »

„So das hätten wir“ sagte Ralf zufrieden und wischte sich seine ölverschmierten Hände an einem weissen Lappen ab. „Der Borgward hat jetzt genug Motoröl um bis zum Nordpol und zurück zu fahren“. „Au fein, Ralf“ ... Frau Barbara Schüller klammerte sich von hinten um den Hals ihres Göttergatten. „Lass das, Dickie. Du siehst doch dass ich die Hände und die Hose verschmiert habe“ meinte Ralf mit „etwas“ strenger Stimme.

Aber „Dickie“ Schüller wollte nicht von ihm ablassen. Frau Barbara Schüller war erst knapp 20 und die beiden waren seit ungefähr einem Jahr miteinander verheiratet. „Na warte“ sagte Ralf und beugte sich nach vorne. Dickie wäre fast vornüber gefallen, beschloss aber stattdessen lachend zurück ins Haus zu laufen. „Komm nach, Ralf. Oma wartet mit dem Nachmittagskaffee auf uns“.

Ralf ging in den Keller, wuschte sich die Hände und zog den doch arg verschmutzten Monteursoverall aus. Dann begab er sich ins Haupthaus vom Immenhof, wo Oma und seine Frau Dick auf ihn warteten. Oma und Dick sassen im Wohnzimmer und Oma sah aus als stünde der Weltuntergang kurz bevor. Aber so sah sie seit einigen Tagen eigentlich die ganze Zeit aus.

„Ach Kinder. Ich hab so schreckliche Angst. Wenn euch unterwegs was passiert.... wenn ihr von Räubern überfallen wird.... oder wenn ihr einen Autounfall habt.... und wenn dann der Krankenwagen kommt... oder das Taxi und eure alte Oma dann ins Krankenhaus fahren muss um euch zu besuchen... oder wenn....“

„Aber Oma“ sagte nun Dick. „Das erzählst du uns jetzt schon seit drei Tagen. Jetzt hab dich doch mal nicht so. Wir fahren doch nur nach Italien in Urlaub. Davon stirbt man doch nicht gleich“. Aber Oma Jantzen war nicht zu beruhigen. „Und wenn euch unterwegs was passiert? Das sind doch mindestens 1000 Kilometer mit dem Auto....“ „Das sind noch etwas mehr als 1000 Kilometer, Oma“ entgegnete Ralf und beugte sich wiedermal über die grosse, weit aufgefaltete Europakarte, die auf dem Boden lag.

„Kinder, also ihr müsst mir eins bitte bitte versprechen. Ja doch das müsst ihr mir fest versprechen“. „Na was denn, Oma?“ fragte Ralf. „Ihr dürft den Ethelbert auf gar keinen Fall ans Steuer lassen. Bitte versprecht mir das. Lasst Ethelbert auf keinen Fall ans Steuer.“ Dick und Ralf begannen nun zu lachen. Die Oma war manchmal irgendwie zu komisch. Aber den Ethelbert ans Steuer lassen? Ralf und Dick schauten sich an und anscheinend schoss den beiden der gleiche Gedanke durch den Kopf.

„Ja Oma. Wir werden unser bestes tun um Ethelbert vom Steuer wegzuhalten“ meinte Dick. Ethelbert hatte vor drei Tagen eine weitere „Heldentat“ vollbracht. Er hatte sich nämlich einen gebrauchten DKW gebraucht und wollte diesen stolz den Leuten vom Immenhof präsentieren. Ethelbert startete den DKW, haute den Gang krachend rein und fuhr dann im vollem Karacho hinterrücks in die Immenhofscheune hinein. Er hatte natürlich den Vordergang mit dem Rückwärtsgang verwechselt. Bei dieser Aktion gingen dann sowohl die hintere Stosstange des DKW als auch das Scheunentor zu Bruch.

Die Italienreise war ursprünglich als Hochzeitsreise für Ethelbert und Dalli gedacht, die gerade erst vor einigen Wochen geheiratet hatten. Die Idee, dass alle vier zusammen nach Italien fahren sollten stammte natürlich von Dalli. Vom wem denn auch sonst? Dalli wollte „ihre Leute“ am liebsten immer um sich haben und Oma und Jochen und dessen Frau wollte sie am liebsten auch noch mitnehmen. Und dann hätte sie auch noch am liebsten den Mans, dessen Verlobte und natürlich Hein Daddel mit nach Italien genommen... und bei Onkel Pankratz in Eltville sollte man dann auch noch kurz vorbeifahren.... ja so war die Dalli halt, eine richtig verrückte Nudel!

Aber alle Leute mitzunehmen ging aus Zeitgründen natürlich nicht und die Oma sagte nur kurz und trocken: „Ich soll mit euch mit dem Auto nach Italien fahren? Nur über meine Leiche!“ Die Oma überreden zu wollen war natürlich vollkommen zwecklos. Es blieben also nur noch Ralf, Dickie, Ethelbert und Dalli für die Italienreise übrig. Und für Ralf's Borgward war das eigentlich schon mehr als genug.

Oma schaute auf den Kalender. Es war der 15. Juli 1960. Am nächsten Morgen in der Früh sollte die Italienreise der vier los gehen... und Oma war sich sicher, dass bereits übermorgen die Todesannonce von Dick, Dalli, Ralf und Ethelbert im Lübecker Stadtanzeiger stehen würde. „Ach Kinder. Wenn euch nur nichts passiert. Man hört doch so viel... und fahr nicht so schnell Ralf... und bitte versprich mir, dass du den Ethelbert auf gar keinen Fall ans Steuer lässt.“

„Ja ja, Oma. Das Versprechen gebe ich dir gerne“ meinte Ralf schmunzelnd. Dass er sein Bestes tun würde um Ethelbert so oft wie möglich vom Steuer seinen schönen weiss-blauen Borgwards wegzuhalten verstand sich ja schliesslich von selbst. „Ethelbert Auto fahren lassen? Nä! Das ist ja noch schlimmer als Ethelbert alleine auf einem Pferd ausreiten lassen!“

„Wenn alles gut geht sind wir morgen um die Mittagszeit bereits bei Onkel Pankratz in Eltville“ meinte Ralf, der immer noch die grosse Europakarte studierte. „Dort übernachten wir dann und rufen die Oma an sonst stirbt die uns hier noch vor lauter Angst“. Dickie nickte und kniete sich neben ihren Göttergatten Ralf auf den Boden. Ralf hatte einige Punkte auf der Landkarte markiert. „Von Eltville aus fahren wir dann nochmal rheinaufwärts und schauen uns die Loreley und die schönen Orte am Rhein an...“ .. Dickie umklammerte nochmal ihren Ralf. „Mit Ralf und den beiden anderen am schönen romantischen Rhein zu sein.... Hach muss das schön sein“ dachte sie sich wohl.

„Du... und wenn ihr zwei euch unterwegs ein einziges Mal über Politik unterhaltet setzt es was“... Dickie knuffte ihrem Ralf sanft an die Stirn. Ralf und Ethelbert unterhielten sich nämlich häufig über Politik und da Ethelbert die eine Partei gut fand und Ralf eher die andere gab das immer ziemlich laute aber dennoch harmlose Auseinandersetzungen.

Dr. Pudlich war bei diesen Diskussionen meistens dabei und hielt abwechselnd mal Ralf und abwechselnd mal Ethelbert die Stange. In politischen Dingen war Dr. Pudlich nämlich ziemlich neutral denn „Eigentlich sollte die DAP, die deutsche Alkohoholikerpartei regieren. Prost“ war dann häufig von Dr. Pudlich zu hören. Und das war wohl der Hauptgrund warum er so gerne mit Ethelbert und Ralf über Politik diskutierte.

Nun kam die Oma wieder ins Wohnzimmer, sie war nämlich kurz zuvor irgendwohin verschwunden. Oma Jantzen hatte einen ganzen Stoss von Wollpullovern und Wollschals über dem Arm. „Aber Oma, was soll das denn?“ fragte Dick verwundert. „Wir fahren doch nach Italien und nicht nach Grönland“. „Aber wenn ihr nachts im Zelt schläft und kalt habt dann müsst ihr doch etwas Warmes zum Anziehen zu haben“ meint die Oma. „In Jesusle ist es nachts doch bestimmt kalt.“ Ralf schüttelte lächelnd den Kopf. „Oma, wir fahren nach Jesolo und nicht nach Jesusle“... das versuchte Ralf der Oma nun schon seit drei Tagen vergeblich klar zu machen. „Jesolo liegt in Italien an der Adria und dort ist es warm“.
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Beitrag von Ethelbert© »

Dick und Dalli in Italien (Teil 2)

Tack Tack Tack Tack Tacketacke Tack..... hörte man nun von draussen. Das war unverkennbar das Geräusch des Dreizylinder-Zweitaktmotors eines 1959er DKW-Junior's. Jedenfalls meinte das Ralf und der kannte sich mit Automobilen aus, vor allen Dingen mit seiner hübschen weiss-blauen Borgward Isabella, die er gerade für den Italienfeldzug unserer vier Freunde ausgerüstet hatte.

Und wessen Wagen würde das schon sein, der dort draussen herumtackerte? Dick lief nach draussen... direkt auf den hellgrünen DKW zu, der mittlerweilen vor der Eingangstür vom Ponyhotel Immenhof eingeparkt hatte. Im gleichen Augenblick kam Dalli aus dem Auto gesprungen und sprang ihrer Schwester um den Hals. In der rechten Hand hielt sie, wie mittlerweilen üblich, eine Tasche die (wie üblich) bis oben hin voll mit Leckereien und Geschenken für die ganze Familie war.

Nun stieg Ethelbert aus dem Wagen. Er hatte sein Haar (wie üblich) fein gescheitelt, mit wiedermal etwas zuviel (wie üblich) Pomade und er trug wieder diesen scheusslichen braunen Anzug, den Dalli am liebsten heimlich verbrannt hätte. Aber dieser Anzug war Ethelbert's ganzer Stolz. „Ein Mann von Welt, der etwas auf sich hält, trägt solche Anzüge“ meinte Ethelbert bei Versuchen seinen schönen braunen Anzug in Misskredit zu bringen. Und als Rechtsanwaltsgehilfe in Eutin müsse man halt korrekt gekleidet sein... jedenfalls meinte das Ethelbert.

„Erzähl mal, Dickie. Ist die Oma immer noch verängstigt wegen der Italienfahrt?“ fragte Dalli ihre Schwester. Dick nickte und kniff den Mund resigniert zusammen. „Ja das ist sie...... Ja und du, was macht denn deine Dolmetscherausbildung? Was macht die Wohnung?“.

„Och du.... das erzähl ich dir beim Kaffee. Oder nachher beim packen“ erwiderte diese. Dalli und Ethelbert hatten sich nämlich eine kleine Wohnung in Eutin genommen und zwar sehr zum Missfallen von Oma Jantzen. Die beiden wollten halt mal alleine sein ohne ständig den ganzen Anhang um sich zu haben. Das gefiel Oma Jantzen zwar anfangs überhaupt nicht aber die beiden kannten kein Pardon. Sie hatten der Oma aber hoch und heilig versprechen müssen jeden zweiten Tag am Immenhof vorbeizuschauen... sonst würde Oma die Dalli nämlich enterben. Das meinte Oma Jantzen natürlich nicht so richtig ernst....

Dalli stiess ihrer Schwester sanft vor den Bauch. „Na? Wie isses denn?“.... Dick war nämlich im fünften Monat schwanger. „Tritt er dich schon?“ „Ob es ein Er ist weiss ich ja noch nicht“ entgegnete Dick. Dann zeigte Dick auf Ethelbert... „Na wie find'ste denn den?“... Die beiden Schwestern klopften sich gegenseitig auf die Schultern und brachen in Lachen aus. Das „Na wie find'ste denn den?“ war ihr Lieblingswitz. Genau dieses hatte Dalli nämlich zu ihrer Schwester gesagt als sie damals im Sommer 55 den Ethelbert zum ersten Mal am Bahnhof abgeholt hatten. Und nun hatte Dalli den Ethelbert bzw. der Ethelbert die Dalli vor 6 Wochen geheiratet.

„Na wie findet sie mich denn?“ fragte Ethelbert lächelnd. „Scheusslich“ entgegnete Dalli (wie üblich) und da stand dann bereits Ralf vor der Tür. Er begrüsste Ethelbert und Dalli mit Handschlag. Ralf schaute Ethelbert kritisch an und meinte trocken: „Mit dem Anzug fährst du mir nicht nach Italien. Wir fahren schliesslich in Urlaub und nicht auf's Eutiner Stadtgericht“. Ethelbert wollte gerade den Mund öffnen um Ralf energisch zu widersprechen.... als Dalli ihm schon den Mund zuhielt. „Keine Widerworte, Ethelbert! Ralf hat recht. Mit diesem scheusslichen Anzug nehmen wir dich nicht mit nach Italien. Und die Pomade machst du dir auch aus den Haaren.“

Ethelbert entschloss sich vorerst noch nicht zu protestieren. Den Anzug würde er schon heimlich ins Urlaubsgepäck einschmuggeln und eine Tube Pomade würde er auch noch in das Handschuhfach von Ralf's weiss-blauer Borgward Isabella hineinbugsieren. Als Rechtsanwaltsgehilfe und angehender künftiger ... ja das wusste Ethelbert noch nicht genau... aber als solcher kennt man sich halt mit allen Tricks und Schlichen aus.
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