Hubert von Meyerinck "Dr. Westkamp"
Verfasst: Mo 30.Mai.2005 17:11
Hubert von Meyerinck wurde am 23. August 1896 in Potsdam geboren; sein Großvater war kommandierender General und sein Vater ein Hauptmann und Gutsbesitzer. Meyerinck zog mit der Mutter nach Berlin und nahm nach Beendigung der Schule privaten Schauspielunterricht. Nach kurzem Einsatz im 1. Weltkrieg wurde er wegen eines Lungenleidens entlassen. Von 1917 bis 1918 war er Volontär am Königlichen Schauspielhaus in Berlin, wechselte dann 1918 zu Erich Ziegler als "jugendlicher Liebhaber" an die Hamburger Kammerspiele, dessen Mitglied er bis 1920 war. Unter seinem eigentlichen Lehrer Karl Heinz Martin spielte er dort dann am Thalia Theater und an der Tribüne Berlin. Danach spielte er bis 1947 an allen großen Bühnen Berlins. Er tingelte auch durch Kabaretts wie in "Schall und Rauch" mit Friedrich Hollaender und trat unter anderem 1927 in der Revue "Es liegt was in der Luft" mit Marlene Dietrich auf, die hier von Sternberg entdeckt wurde. Die Charakterrollen entsprachen seinen eigentlichen Ambitionen, im Film erhielt er andere Aufgaben.
Dort tauchte sein Name erstmals 1920 in dem Streifen "Die Todesmaske" auf; ab 1921 wurde er in Chargenrollen eingesetzt. Seine ersten größeren Auftritte gab er 1920/21 in dem Sechsteiler "Der Mann ohne Namen". In der Stummfilmzeit agierte er unter anderem in "Manon Lescaut" (1926), "Der alte Fritz" (1927), "Dona Juana" (1927), "Der geheime Kurier" (1928), "Das brennende Herz" (1929) und "Adieu Mascotte" (1929) vor der Kamera. Im frühen Tonfilm wurde Hubert von Meyerinck ein gerngesehener Akteur, der meist Nebenrollen auskleidete, aber dennoch schon bald ein vertrautes Gesicht für das Publikum wurde. Zu seinen bekanntesten Filmen dieser Zeit gehören "Das Flötenkonzert von Sanssouci" (1930), "Der Raub der Mona Lisa" (1931), "Der weiße Dämon" (1932), "Ich und die Kaiserin" (1933), "Ein gewisser Herr Gran" (1933), "Barcarole" (1935), "Henker, Frauen und Soldaten" (1935), "Fanny Elssler" (1937), "Nanu, Sie kennen Korff noch nicht" (1938) und "Bel Ami" (1939). In den Kriegsjahren sah man ihn in weiteren unzähligen Unterhaltungsfilmen wie "Stern von Rio" (1940), "Trenck, der Pandur" (1940), "Kora Terry" (1940), "Frau Luna" (1941), "Diesel" (1942) und "Münchhausen" (1943).
Seine Rollen waren schon früh jene der gepflegt auftretenden Herren und Adelige, anfangs noch in zwielichtem Licht gehalten, später zunehmend komödiantisch ausgelegt bis zur eindimensionalen Karikatur. Obwohl Meyerinck ein hervorragender Exponent expressionistischen Sprech- und Spielstils war, ließ man ihn neben gelegentlichen Darstellungen skrupelloser Bonvivants, dämonischer Intriganten und anderer negativer Protagonisten hauptsächlich im komischen Rollen spielen und so entwickelte er sich zum (meist kahlköpfigen) "Original". "Hubsi", wie er auch von den Kinogängern liebevoll und unverwechselbar genannt wurde, stattete seine zwischen Dekadenz und forcierter Albernheit, zwischen Exaltiertheit und preußischem Untertanengeist angesiedelten Figuren aus dem Arsenal des deutschen Unterhaltungsfilms mit spezifischen Manierismen aus. Dazu gehörten sein tänzerisch-federnder Gang, der oft in ein groteskes Hüpfen überging, sein schnoddriger Tonfall , sein sarkastisches Lächeln.
In der Nachkriegszeit war er ein vielbeschäftigter deutscher Filmdarsteller und trat insgesamt in über 200 Filmen auf, die man hier gar nicht alle aufzählen kann. Er spielte gerne blasierte, skurrile , exzentrisch-liebenswerte Offiziere oder Adelige. Den meisten ist er als glatzköpfiger, immer nervös und übermotiviert wirkender Wirrkopf bekannt, der hohe Militärs und andere wichtige Persönlichkeiten auf eine einmalige Weise zu karikieren wusste und seine Umwelt mit seiner hastigen Sprache und Gestik zu irritieren verstand. Er verkörperte diese Art von Rollen so häufig, dass der Schauspieler und Mensch Hubert von Meyerinck nahezu mit diesen Figuren personifiziert wurde.
Anfänglich betonte Meyerinck das Feminine seiner Erscheinung. In einem Paul-Wegener-Film tanzte er, angetan mit einem rosa Balletthöschen, dem Hermelincape seiner Mutter und einer blauen Seidenkappe als Kopfbedeckung auf dem Tisch. Seine aparten homoerotischen Nuancierungen dienten seinen Regisseuren später zur negativen Charakterzeichnung. Er wurde zum beliebtesten Filmschurken des deutschen Kinos. Als Hochstapler, falscher Aristokrat, Heiratsschwindler, weibstoller Strohwitwer, exzentrischer Diener, verkalkter Baron, schusseliger Finanzbeamter, Halbseidener, Schieber, infamer Reaktionär oder alberner Fatzke, war die Glatze, auf der er anfangs noch einige pomadige Haare festklebte, sein Markenzeichen. Oft mit Monokel versehen, beeindruckten seine Augen, die arrogant, zu Sehschlitzen zusammengekniffen, der Charakterisierung seiner Figuren ebenso dienten, wie die am Kabarett geschulte präzise, helle "Stockschnupfenstimme". Das enorme komische Talent kam seiner übertriebenen, frivolen, vieldeutigen Spielweise zugute.
Künstlerische Spitzenleistungen bot er z.B. 1959 als autoritärer Bürochef Pickler mit militärischer Strenge in "Ein Mann geht durch die Wand" oder 1960 als Bonner Oberregierungsrat in "Das Spukschloss im Spessart" von Kurt Hoffmann; für beide Rollendarstellungen wurde er mit dem Preis der Deutschen Filmkritik 1960/1961 ausgezeichnet. In der Begründung wurde ein Charakteristikum von Meyerinck's Komödiantentum herausgestellt: die Präzision seiner Pointensetzung. Unvergessen bleibt wohl auch 1961 seine Rolle als Graf von und zu Droste-Schattenburg in "Eins, zwei drei" neben Liselotte Pulver und Horst Buchholz.
In den 1960er Jahren blieb sein Engagement ungebrochen; neben zahlreichen Komödien kamen auch fünf Edgar-Wallace-Verfilmungen hinzu: "Neues vom Hexer" (1965), "Der Bucklige von Soho" (1966) "Im Banne des Unheimlichen" (1968), "Der Gorilla von Soho" (1968) und "Der Mann mit dem Glasauge" (1969), wo er die Nachfolge des Schauspielers Siegfried Schürenberg als Chef von Scotland Yard antrat. Hubert von Meyerinck trat bis kurz vor seinem Tod vor der Kamera auf, seine letzten Arbeiten waren "Nachbarn sind zum Ärgern da" (1970) und die TV-Episode "Dem Täter auf der Spur: Tod am Steuer" (1971).
1969 veröffentlichte er seine Memoiren unter dem Titel "Meine berühmten Freundinnen-Erinnerungen". Hubert von Meyerinck verstarb am 13. Mai 1971 mit 74 Jahren in Hamburg nach einer plötzlich aufgetretenen Lungenentzündung an Herzversagen. Noch zwei Monate zuvor hatte er in Hamburg als "Agamemnon" in Peter Hacks "Die schöne Helena" auf der Bühne gestanden.
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