Seite 1 von 1

Olga Tschechowa

Verfasst: Mo 30.Mai.2005 23:05
von Dr.Pudlich
Bild
Olga Tschechowa, eigentlich Olga von Knipper-Dolling, wurde am 26. April 1897 in Alexandropol am Kauakasus als Tochter eines zaristischen Eisenbahn-Ingenieurs und Geheimen Staatsrats geboren. Sie stammte aus einer berühmten Familie – ihre Tante war die berühmte Bühnenschauspielerin Olga Knipper-Tschechowa, die mit dem berühmten Dichter Anton Tschechow verheiratet war. Ihre Familie stand in direkter Verbindung mit dem russischen Zarenhof; Olga spielte mit den Zarenkindern und erlebte die beängstigende Persönlichkeit Rasputins mit. Sie verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Georgien, Moskau und St. Petersburg.
Zunächst studierte sie Medizin und Bildhauerei an der Kunstakademie in St. Petersburg, dann machte sie als Meisterschülerin eine Schauspielausbildung bei dem legendären Regisseur Konstantin Stanislawskij.
Die junge Olga heiratete mit sechzehn Jahren ihren Vetter Michael Tschechow, einen Neffen des russischen Dichters, von dem sie jedoch schon nach drei Jahren, nach der Geburt der Tochter Ada, wieder geschieden wurde.
Sie begann ihre Karriere mit kleinen Rollen am Künstlertheater, spielte dann an russischen Bühnen und ab 1917 auch in russischen Filmen mit – letzteres übersah sie in ihren Memoiren geflissentlich.
Nach der russischen Revolution ging die Tschechowa 1921 fast mittellos nach Deutschland, schlug sich in Berlin als Presse- und Plakatmalerin durch und wurde von F. W. Murnau für den Stummfilm "Schloss Vogelöd" (1921) entdeckt; zwei Jahre später hatte sie bereits eine Hauptrolle in Ibsens "Nora"(1923).
Nach einem kurzen Gastspiel in Frankreich als Mondäne in René Clairs "Un chapeau de Paille d' Italie" (Der Florentinerhut, 1927) kehrte sie nach Deutschland zurück und erhielt auch in einem der ersten Tonfilme "Die Drei von der Tankstelle" (1930) eine Nebenrolle. Im gleichen Jahr erlebte man sie in Erich Pommers "Lieblimg der Götter", bald schloss die Tschechowa unter Regisseuren wie Max Ophüls und Willi Forst in Filmen wie "Liebelei" (1933) oder "Burgtheater" (1936) zu den großen Diven des Dritten Reichs auf. In den folgenden zehn Jahren gehörte Olga zu den großen Ufa-Filmstars, häufig als mondäne, elegante und verführerische "Grande Dame". Viele ihrer Filme kamen über das durchschnittliche Niveau der Unterhaltungsfilme und Melodramen nicht hinaus, eine ihrer schillerndsten Frauengestalten war 1936 die Kaiserin Elisabeth von Russland in " Der Favorit der Kaiserin". Zu den weiteren Kinoproduktionen bis Ende des 2. Weltkrieges zählen unter anderem "Rote Orchideen" (1938), "Bel ami" (1939), "Leidenschaft" (1940), "Andreas Schlüter" (1942), "Die Reise in die Vergangenheit" (1943) oder "Gefährlicher Frühling" (1943).

Nach 1945 spielte Olga Tschechowa vornehmlich Theater, war als Schauspielerin und Regisseurin an verschiedenen Berliner Bühnen tätig; so ging sie unter anderem 1947 mit dem Stück "Der Blaufuchs" auf Gastspielreise. Auf der Leinwand erschien sie in Filmen wie "Maharadscha wider Willen" (1950), "Aufruhr im Paradies" (1950), "Hinter Klostermauern" (1952) oder "Alles für Papa" (1953), in "Rosen-Resli" mimte sie 1954 die Frau von Weidersheim, in "Rittmeister Wronski" (1954) stand sie mit Willy Birgel vor der Kamera oder war ein Jahr später als Amelie von Eyff in "Die Barrings" zu sehen. Mit einer eigenen Filmgesellschaft, der "Venus-Film", war ihr kurz nach dem Krieg der Erfolg versagt geblieben; sie gründete 1955 in München eine Kosmetikfirma, die ihre Schönheitsprodukte in ganz Europa vertreibt. Der Star behauptete zwar in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" vom 4.11.1967: "Ich habe mich vom Film zurückgezogen, weil ich mein Publikum nicht enttäuschen wollte", konnte es aber doch nicht lassen, als schicke Großmutter in den "Immenhof"-Filmen (1973/74) mitzumischen. Gelegentlich gastierte Olga Tschechowa dann noch am Theater oder im Fernsehen; ein Kritiker schwärmte von ihr als "Inkarnation der schönen Helena", weil sie nie zu altern schien.
Insgesamt stand die Schauspielerin währen ihrer Karriere in über 250 Filmen vor der Kamera und übernahm auch schon mal gelegentlich eine Rolle für das Fernsehen, wie 1971 in der TV-Serie "Duell zu dritt". Die slawisch dunkle Erscheinung mit dem großflächigen Antlitz wirbelte in ihren frühen Jahren meist mit kleinen Schritten durch die Szene, betonte ihren russischen Akzent, spielte Agentinnen und Tschekabräute, dann erblondete sie vorübergehend, trug Ponylocken und ein geschmeidiges Katzenlächeln zur Schau. Im Dritten Reich umwehte sie ein Hauch von großer Welt, war sie als "grande Dame par excellence" etabliert, das letzte Luxusweib des deutschen Films.


1952 veröffentlichte die Schauspielerin ihre Autobiographie unter dem Titel "Ich verschweige nichts", 1973 erschienen weitere Erinnerungen "Meine Uhren gehen anders".
Olga Tschechowa verstarb am 9. März 1980 im Alter von 82 Jahren in München. Von 1936 war sie bis 1939 in zweiter Ehe mit dem belgischen Großkaufmann Marcel Robyus verheiratet gewesen. Ihre einzige Tochter Ada Tschechowa, die 1966 bei einem Flugzeugunfall ums Leben gekommen war, sowie ihre Enkelin Vera Tschechowa wurden ebenfalls bekannte Schauspielerinnen.
Textpassagen der Biografie aus: "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf Heinzelmeier/Berndt Schulz sowie von Basti.

Kinofilme
1917: Anya Krayeva
1918: Kaliostro
1918: Posledeniye priklyucheniya Arsena Lyupena
1920: Hochstapler
1921: Schloß Vogeloed
1922: Der Kampf ums Ich
1922: Der Todesreigen
1923: Der Verlorene Schuh
1923: Die Pagode
1923: Nora
1924: Die Bacchantin
1924: Soll und Haben
1925: Der Mann aus dem Jenseits
1925: Die Gesunkenen
1925: Die Stadt der Versuchung
1925: Die Venus von Montmarte
1925: Soll man heiraten?
1926: Brennende Grenze
1926: Der Feldherrnhügel
1926: Die Horde
1926: Die Mühle von Sanssouci
1926: Familie Schimeck – Wiener Herzen
1926: Sein großer Fall
1926: Trude, die Sechzehnjährige
1927: Das Meer
1927: Der Meister der Welt
1927: Die Selige Exzellenz
1927: Un chapeau de paille d'Italie
1928: Moulin Rouge
1928: Weib in Flammen
1928: After the Verdict
1928: Liebeshölle
1928: Menschen im Feuer
1929: Der Narr seiner Liebe
1929: § 173 St.G.B. Blutschande
1929: Die Liebe der Brüder Rott
1929: Troika
1929: Diane
1930: Der Detektiv des Kaisers
1930: Die Große Sehnsucht
1930: Ein Mädel von der Reeperbahn
1930: Die Drei von der Tankstelle
1930: Le chemin du paradis
1930: Liebe im Ring
1930: Liebling der Götter
1930: Sir John greift ein!
1930: Zwei Krawatten
1931: Das Konzert
1931: Die Nacht der Entscheidung
1931: Liebe auf Befehl
1931: Nachtkolonne
1931: Panik in Chicago
1932: Spione im Savoy-Hotel
1932: Trenck
1933: Der Choral von Leuthen
1933: Der Polizeibericht meldet
1933: Ein Gewisser Herr Gran
1933: Heideschulmeister Uwe Karsten
1933: L'amour qu'il faut aux femmes
1933: Liebelei
1933: Um ein bisschen Glück
1933: Une histoire d'amour
1933: Wege zur guten Ehe
1934: Abenteuer eines jungen Herrn in Polen
1934: Die Welt ohne Maske
1934: Maskerade
1934: Peer Gynt
1934: Zwischen zwei Herzen
1935: Liebesträume
1935: Lockspitzel Asew
1935: Regine
1935: Die Ewige Maske
1935: Ein Walzer um den Stephansturm
1935: Künstlerliebe
1936: L'Argent
1936: Manja Valewska
1936: Seine Tochter ist der Peter
1936: Burgtheater
1936: Der Favorit der Kaiserin
1936: Hannerl und ihre Liebhaber
1937: Die Gelbe Flagge
1937: Gewitterflug zu Claudia
1937: Liebe geht seltsame Wege
1937: Unter Ausschluß der Öffentlichkeit
1938: Das Mädchen mit dem guten Ruf
1938: Rote Orchideen
1938: Verliebtes Abenteuer
1938: Zwei Frauen
1939: Befreite Hände
1939: Bel Ami
1939: Die Unheimlichen Wünsche
1939: Ich verweigere die Aussage
1939: Parkstrasse 13
1940: Angelika
1940: Der Fuchs von Glenarvon
1940: Leidenschaft
1941: Menschen im Sturm
1942: Andreas Schlüter
1942: Mit den Augen einer Frau
1943: Der Ewige Klang
1943: Gefährlicher Frühling
1943: Reise in die Vergangenheit
1944: Melusine
1948: Im Tempel der Venus
1950: Aufruhr im Paradies
1950: Der Mann, der zweimal leben wollte
1950: Eine Nacht im Separee
1950: Kein Engel ist so rein
1950: Maharadscha wider Willen
1950: Zwei in einem Anzug
1951: Begierde
1951: Eine Frau mit Herz
1951: Geheimnis einer Ehe
1951: Mein Freund, der Dieb
1952: Hinter Klostermauern
1953: Alles für Papa
1954: Rittmeister Wronski
1954: Rosen-Resli
1955: Die Barrings
1955: Ich war ein häßliches Mädchen
1958: U47 – Kapitänleutnant Prien
1963: Jack und Jenny
1973: Die Zwillinge vom Immenhof
1974: Frühling auf Immenhof

Verfasst: Mi 19.Okt.2005 14:01
von Andrea1984
Die Infos über Olga Tschechowa sind sehr interessant. Ich habe mich schon immer gefragt, woher dieser leichte Akzent in den Immenhof Filmen kommt. Nun ist mir alles klar.

Einer ihrer Ahnen hieß doch nur Tschechow ? Vielleicht bestand einer Verwandtschaft zu dem Bühnendramatiker Anton Tschechow - "Die Möwe" - oder ist dieser Name in Russland so häufig, wie in Deutschland "Müller", "Meier" und "Schmid" (in allen Variationen) ?

Dr. Pudlich, ich muss dir ein Lob aussprechen. Für die vielen Infos über die Haupt - und Nebendarsteller der Immenhof Filme. Und dass wir Fans hier im Forum diese Infos lesen können. Darüber freue ich mich sehr.

Verfasst: Fr 27.Jun.2008 19:30
von Andrea1984
Für alle, die es interessiert, Olga's Tochter Ada:

* 09.09. 1916

+ 21. 01. 1966 (bei einem Flugzeugabsturz)

Der Link ist bereits in dem Beitrag über die Grabstelle Olga Tschechowas zu finden.